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Bremer Senat ratlos in der Vulkan-Krise

■ Erklärungen zur Bedeutung des Hennemann-Sturzes / Sorge um Bremerhaven

„Die Banken haben sich durchgesetzt“, sagt der Bremerhavener Grünen-Abgeordnete Manfred Schramm, die Bremerhavener Werfen seien „akut gefährdet“, denn „die Ära Nach-Hennemann wird von einem anderen Strickmuster sein.“ Der Konzern werde „stärker daran ausgerichtet, die Ertragslage und die Dividendenfähigkeit zu verbessern... Für politisch motivierte, regionale Sonderinteressen Bremens wird der Spielraum enger.“

Die Befürchtungen, daß unter einer neuen Leitung die Lage für die Bremerhavener Werften bedrohlich weden könnte, teilen viele der Beobachter. Schramm fordert deshalb den Bremer Senat auf,“ auch zukünftig die Politik des Bremer Vulkan mitzubestimmen“. Mehr als 1 Milliarde öffentlicher Gelder seien in den Konzern geflossen, Bremen sei „der größte Bürge“ und habe damit ein Mitbestimmungsrecht, „wenn es um die Zukunftsentscheidungen beim Vulkan geht.“

Dies haben die beiden Bremer Koalitionsvertreter Henning Scherf und Ulrich Nölle gestern vor der Senatspressekonferenz bestritten. Beinahe stolz unterstrichen sie, sie der Senat habe „keinen Einfluß genommen“ auf den Gang der Dinge, man habe im Aufsichtsrat nichts zu melden. Auch das „Unterweserkonzept“, mit dem Hennemann schon vor mehr als einem Jahr neue staatliche Gelder gegen die Zukunft der Werftstandorte in Bremerhaven verhandeln wollte. Liege dem Senat nicht vor: „Wir kennen das Unterweserkonzeopt noch nicht“, betonte Nölle. Der alte Ampel-Senat hatte allerdings schon ein „Plausibilitätsgutachten“ zu dem damals vorgelegten Unterweserkonzept bestellt. Als der SPD-Spitzenkandidat Klaus Wedemeier mit der Nachricht, er habe dem Vulkan 200 Millionen zugesagt, in den Wahlkampf ging, hatte das Wirtschaftsressort einen interessierten Brief von den EG-Kontrolleuren erhalten - mit der Bitte, doch darzustellen, wie diese Gelder fließen sollten. Wie das Geld EG-konform fließen könnte, hatte Wedemeier offenbar nicht überlegt. Seitdem hörte man nichts mehr über das Thema.

Völlig verständnislos reagierte der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD, der UB-Vorsitzende in Bremen-Nord Detmar Leo. Leo erinnert an die enormen Hilfen des Landes Niedersachsen für Dasa-Lemwerder und an die Hilfen des Landes Bremen für die Rettung der Stahlhütte. „Es kann nicht angehen, daß der gesamte Unterweserraum einer industriellen Verödung preisgegeben wird.“ Recht deutlich widerspricht Leo den Erklärungen des Rathauses, man habe keine Aktien beim Vulkan und könne deshalb keinen Einfluß nehmen: „Wer Ja zu Großkonzernen sagt, muß auch Ja sagen zu einer aktiven Industriepolitik“, erinnert Leo. Industrien von der Größenordnung des Vulkan „unterliegen nicht den Martktmechanismen“, sondern „konzernpolitischen Überlegenheits- und Machtstrategien“. Da müsse der Staat sich einmischen und den Einfluß der Banken „zurückdrängen“.

Die Erklärung des SPD-Fraktionsvorsitzenden Christian Weber ist demgegenüber recht moderat gehalten: „Der Senat ist aufgefordert, seinen Einfluß entsprechend geltend zu machen.“ die „beklagenswerte wirtschaftliche Situation des Vulkan“ sei „herbeigeredet worden“, dafür seien auch Aufsichtsratsmitglieder verantwortlich. Der IG Metall-Bevollmächtigte Teichmüller, der selbst als stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender dem Kompromiß – Ablösung von Hennemann bei gleichzeitigem Bekenntnis zur Kontinuität – zugestimmt hatte, forderte „alle Beteiligten“ auf, bei einer „schnellstmöglichen Rückkehr zu einer normalen Geschäftstätigkeit zusammenzuarbeiten“. Das Unterweserkonzept – Teichmüller geht davon aus, daß es eines gibt und hat offenbar auch eine klare Meinung dazu – müsse realisiert werden.

Der Bremer Werft-Experte und Uni-Professor Heiner Heseler geht davon aus, daß die Vulkan-Krise nicht allein durch das schlechte Halbjahres-Ergebnis „ausreichend erklärbar“ ist. Das überraschend entstandene Liquiditätsproblem sei vielmehr ein „Anlaß, um weitergehende Strategien zu verfolgen, und zwar durchaus unterschiedliche und zum Teil gegensätzliche“. Daß über die Eigentümerstruktur weiterhin Unklarheit herrsche – lange Jahre wurde vergeblich spekuliert, wer eigentlich größere Aktienpakete des Vulkan besitze – habe sich als Problem herausgestellt. Eigentümer-Interessen seien nicht „erkennbar“. Dominierend seien dadurch die Banken-Interessen geworden, denen es weniger um langfristige Konzern-Strategien gehen könne als um die kurzfristige Dividendenausschüttung. Jahrelang hatte Hennemann die Aktionäre vertrösten können, schließlich für 1995 eine Dividende angekündigt. Als aufgrund der Schwierigkeiten im ersten Halbjahr 1995 klar wurde, daß es wieder keine Dividende geben würde, verloren offenbar den Banken-Vertretern ihr Vertrauen in Hennemann.

In drei Monaten, darauf weist Heseler hin, tritt das OECD-Abkommen in Kraft, das dann weitere Schiffbau-Subventionen weltweit verbietet. Der Technologie-Konzern brauche eine „Neuorientierung im Verhältnis von Kapital- und Eigentümer-Interessen“, den Interessen der Beschäftigten und der regionalen Politik“, schließt Heseler.

K.W.

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