Rußschwaden unterm grünen Mantel

■ Autoindustrie kämpft auf der IAA für den Diesel und gegen die Sonne. Die sei für den Sommersmog verantwortlich. Greenpeace als Lieblingsfeind der Industrie. Spritsparen sei nur mit dem Diesel möglich.

Frankfurt/Main (taz/dpa/AP/ rtr) – Die Autoindustrie hat eine Wettfahrt ums grüne Mäntelchen gestartet. Auf der am Donnerstag beginnenden Internationalen Automobil Ausstellung (IAA) in Frankfurt wollen sich sowohl Opel, Ford, VW als auch der Limousinenhersteller Mercedes als ökologisch vorbildlich darstellen. Das Dreiliterauto, Verbrauchsoptimierung und Sparkonzepte sind in aller Munde – auch wenn in den neun Hallen tatsächlich PS-strotzende Blechkisten herumstehen.

Der stellvertretende Geschäftsführer des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), Kunibert Schmidt, wollte jedoch keine Zweifel aufkommen lassen, wer die Definitionsmacht über das Auto der Zukunft haben soll: Die Marktchancen für einen „uniformen“ Kleinwagen wie das Ende vergangener Woche in Berlin von Greenpeace vorgestellte Modell seien gering, beschied er. Der Wagen sei „nicht fahrfähig, nicht zulassungsfähig und auch nicht marktfähig“. Zukunftsträchtige Dreiliterautos dürften keine Einfachstfahrzeuge sein.

Hauptanliegen bei seiner Abwertung der mit Benzin betriebenen Greenpeace-Kiste war es offenbar, Diesel als den geeigneten Kraftstoff für das Dreiliterauto zu proklamieren – obwohl das Umweltbundesamt stets vor den krebserregenden Abgasen warnt. „Dies ist die Technologie, die im Schnitt gegenüber dem Otto-Motor um 20 Prozent oder mehr sparsamer ist“, behauptete Schmidt. Der Abgasausstoß moderner Dieselfahrzeuge sei so niedrig, daß von ihm keine Gesundheitsgefahren ausgingen. VW-Chef Ferdinand Piäch stieß ins gleiche Horn: Eine „Diskriminierungskampagne“ sei die Kritik am Diesel. „Wir sind froh, daß alle Hersteller mitmachen wollen. Ich bin sicher, daß wir günstigere Bedingungen für den Diesel erleben werden.“

Noch vorm Jahr 2000 sollen die ersten Dreiliterserienautos vom Band laufen, hört man in Frankfurt immer wieder. Das allerdings sagt noch gar nichts darüber aus, ob auch der Gesamtverbrauch der deutschen Flotte sinkt, merken KritikerInnen an. Die Zahl der Blechkisten in Deutschland nimmt jedenfalls nach wie vor zu, und große Schlitten, Landrover und als sportlich geltende Raser lassen vor allem Männerherzen höher schlagen. Zwar sind die Autohersteller mit der wirtschaftlichen Entwicklung nicht zufrieden; aber die meisten konnten doch mehr oder weniger positive Ergebnisse vermelden. Porsche verkündete gestern nach drei Verlustjahren zum erstenmal wieder eine „schwarze Null“, VW meldete ein Umsatzplus von 8,8 Prozent fürs erste Halbjahr und einen Konzerngewinn nach Steuern von 113 Millionen Mark. Opel hofft darauf, in diesem Jahr erneut 300 Millionen Mark Plus einzufahren und insgesamt fast 20 Prozent mehr Autos loszuwerden als im letzten Jahr.

Welches ökologische Verständnis bei der Automobilindustrie tatsächlich vorherrscht, macht eine Broschüre mit dem Titel „Ozon und Straße“ deutlich, die der VDA herausgegeben hat. Eigentlich ist die Sonne schuld am Ozon, ist die Quintessenz des Elaborats. Ohne intensive Sonneneinstrahlung könne nämlich aus Abgasen gar kein Ozon entstehen. Auch komme das Gas natürlich vor, werde bei Blitzen gebildet und stamme in erheblichem Maße vom entfernten Äquator, heißt es in dem Heft. Von Tempolimits oder Fahrverboten hält die Industrie nichts: Tempolimits könnten den Ozongehalt sogar lokal erhöhen, weil dann weniger Ozon abbauende Stickstoffmonoxide in der Luft seien, argumentiert der VDA. Mehr Autos und mehr Abgase als ökologisches Gebot der Stunde. aje