taz darf Vulkan nicht retten

■ Versuch über die patriotische Bremer Pflicht, den Vulkan an der Börse zu retten

Der Vulkan muß gerettet werden, keine Frage. Und zwar unter bremischem Einfluß, keine Frage. Denn der Vulkan ist das letzte große Unternehmen, das von Bremen aus gesteuert wird, so wurde es immer gesagt. Wenn die beiden Bremer Bürgermeister schwören, sie hätten von nichts gewußt, bis die Banker aus Frankfurt angereist wären, hätten nichts beeinflußt und auch gar keinen Möglichkeiten, irgendwas zu tun, weil sie keine Aktien da drin hätten, dann ist das ein Armutszeugnis, ein Stück Selbstaufgabe des Stadtstaates. Ist da nicht gute Bremer Bürgerpflicht, hinzugehen und sich eine Aktie zu kaufen, um Flagge zu zeigen und vielleicht auch ein klitzekleines Stück Einfluß zu nehmen? 500.000 Aktien in Bremer Hand wäre doch schon ein Pfund auf der Hauptversammlung! 200 meckernde Kleinaktionäre im Saal, 4.000 Werftarbeiter vor der Tür?!??

Und ganz nebenbei: um die 80 Mark pendelte die Vulkan-Aktie noch vor einigen Wochen, 63 Mark kostete sie gestern Nachmittag, Tiefstand war am Montag nachmittag 59 Mark, da kann man eigentlich keinen Verlust mehr machen.

Gesagt, getan, marschierten wir gestern zur Bremer Börse und konfrontierten den Pförtner, der da keinen reinläßt, mit unserem Begehren. „Hier können sie keine Aktien kaufen“, sagte der strenge Pförtner. Wo denn sonst? Nur Vertreter von Banken haben Zutritt zu dem Platz, an dem Aktien gehandelt werden, einfache Leute müssen Aktien bei ihrer Bank bestellen.

Bei der Bremer Landesbank ist man reserviert. „Wir geben dafür keine Empfehlung“, sagt die dame, „aber wenn ein Kunde Vulkan kaufen will...“ Überhaupt gibt die Bremer Landesbank für keine Bremer Aktie eine Empfehlung, nur zu deutschen Standardwerten rät man da – so retten wir Bremen nicht. Die Landesbank gehört zu dem Konsortium, das dem Vulkan den 300 Mio-Kredit gab, den Rauswurf von unserem Fritz (Hennemann) aber zur Bedingung knüpfte – wenn nicht einmal diese Bank überzeugt ist von der Zukunft des Unternehmens, dann kann das schon unsicher machen.

Aber man kann ja auch kaufen ohne die Empfehlung dieser Bank. „Haben Sie bei uns ein Girokonto?“, fragt die Dame, „ein Depot?“. Nein, warum auch. Ganz einfach: Das Girokonto braucht man, damit die Dividende einfach überwiesen werden kann, auf das Konto einer anderen Bank überweist die Landesbank ungern. Und ein Depot braucht man, weil die Bank die Aktie nicht gern aus der Hand gibt. 30 Mark Depot-Mindestgebühr, 70 Mark Kontogebühr mindestens, das kostet jedes Jahr mehr als eine Aktie Wert hat. Und dazu kommt die Kauf-Gebühr (mindestens 30 Mark) und die Verkaufs-Gebühr (wieder 30 Mark). Mitnehmen kann man die Aktien nur, wenn man für 20.000 Mark kauft.

Ist der Vulkan noch zu retten? Mit der Landesbank jedenfalls nicht. Wir geben aber nicht auf. Wie sieht es aus bei unserer patriotischen Sparkasse? „Ja“, sagt die Dame „Sie können auch eine Aktie im Tafelgeschäft kaufen“, will sagen: ohne Depot und Kontogebühr. „Dann allerdings beträgt die Mindestgebühr 50 Mark.“ Und angenommen, man wollte sie verkaufen, wieder 50 Mark. Wenn man also eine Aktie für 63 Mark kauft, hat man schonmal mindestens 100 Mark verloren, selbst wenn der Kurs nicht weiter fällt. Wenn der Kurs unter die 50 Mark fällt, hätte das zumindest den Vorteil, daß man weniger als 50 Mark verliert – es wäre lukrativer, die Aktie zum Altpapier zu geben.

Irgendwie ist dem Vulkan nicht zu helfen. K.W.