Weiße Seiten bei „TV-Today“?

■ Programmzeitschrift soll Pro7 nicht mehr abdrucken dürfen

Kritik erwartet in einer Fernsehzeitung keiner. Jedenfalls keine an einem Sender. Die sehen sich schließlich mit der Programmpresse in einem einträglichen Verhältnis gegenseitiger Dienstleistung. Doch das Hamburger Blatt TV-Today fiel bisweilen aus dieser Reihe, um sich im engen Markt als „TV-Nachrichtenmagazin“ zu positionieren. Besonders gern nahm TV-Today die ungeklärten Vorwürfe um die Verflechtung von Pro7 mit der Kirch-Gruppe und mit der Kieler Medienanstalt ins Visier.

Als TV-Today in der vergangenen Woche wieder über „Tricks“ und „Bestechung“ berichtete (siehe taz vom Samstag), sah Pro7- Geschäftsführer Georg Kofler rot. Schnell schrieb er zwei Schreibmaschinenseiten, in denen sich Kirchs ehemaliger Bürochef als Opfer „der größten Meinungsmacht im Lande“ darstellte – weil TV-Today-Verleger Gruner+Jahr Bertelsmann gehört, und die wiederum an der Pro7-Konkurrenz RTL beteiligt sind, welche über die Vorwürfe natürlich eifrig berichtete.

Kofler beließ es nicht bei Verbalattacken. Er ließ TV-Today per Gericht nicht nur einige der Behauptungen untersagen, sondern will dem Blatt auch gleich verbieten, das Pro7 Programm abzudrucken. Pro7-Tochter Kabel1 zog am gleichen Tag nach. Ein „einmaliger Versuch“ in der deutschen Pressegeschichte, fand TV-Today- Chef Andreas Schmidt. Auch der Hamburger Presserechtler Wolfgang Hoffmann-Riem sieht die Pressefreiheit tangiert. Dem Ansinnen Koflers gibt er wenig Chancen.

Ein solches Verbot wäre „ein komplizierter urheberrechtlicher Fall“, sagte er der taz – Pro7 müßte ein Urheberrecht an seinem Programmplan geltend machen. Informationen, die auch andere bekommen, seien aber in der Regel nicht mehr schutzwürdig. Auch müßte gegen das Grundrecht auf Pressefreiheit abgewogen werden: „Wenn solch eine Maßnahme gemacht wird, um Berichterstattung zu unterdrücken, wirkt das bei der Abwägung möglicherweise nicht sehr stark.“

Der Münchner Sender heizt die Aufregung in einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt an. Eben noch konnte man sich über 140 Millionen Gewinn und Quotenerfolge freuen und darauf hoffen, den Negativschlagzeilen im Dunstkreis von Leo Kirch zu entkommen (Kirch-Sohn Thomas will seinen Anteil reduzieren, man wird eine Aktiengesellschaft). Daß Kofler sich gerade jetzt mit einer juristisch zweifelhaften Aktion derart exponiert, erklärt Pro7-Justitiar Klaus Piette der taz so: „Die Öffentlichkeit soll sehen, daß wir uns das nicht gefallen lassen.“ Lutz Meier