■ Der Ertrag von Bundeskanzler Kohls Besuch in Südafrika
: Keine neue Männerfreundschaft

Nelson Mandela bleibt es auch nach dem ersten Besuch des deutschen Bundeskanzlers in Südafrika verwehrt, in die Reihe von Kohls „Freunden“ aufgenommen zu werden. Zwar wurden „vertrauensvolle Gespräche“ geführt, deren politischer Gehalt tendiert jedoch gegen Null. Zu viel vermutlich trennt den deutschen Kanzler gedanklich und lebensgeschichtlich von dem Idol des Befreiungskampfes gegen die Apartheid. Kohls Interesse an Südafrika wie am südlichen Afrika war ohnehin von jeher gering. Lediglich Inkatha-Chef Buthelezi war in Bonn immer ein gerngesehener Gast und erfreut sich auch heute noch der Sympathie der Konrad-Adenauer-Stiftung.

Im Gegensatz zu anderen europäischen Staats- und Regierungschefs hatte es der Kanzler auch nicht allzu eilig, nach dem dortigen Machtwechsel ans Kap zu reisen. François Mitterrand war der erste, der dem neuen Südafrika einen Besuch abstattete und forsch gleich die Achse Kapstadt–Paris aufmachte. John Major war bei seinem Besuch etwas vorsichtiger und erwähnte in seiner Rede vor dem südafrikanischen Parlament immerhin, daß die Beziehungen zwischen Südafrika und Großbritannien nicht immer ungetrübt waren. Kohl vermied jegliche selbstkritische Betrachtung der deutsch-südafrikanischen Beziehungen. Lieber lobte er das Engagement der deutschen Industrie in Südafrika auch „in schweren Zeiten“ – freundliche Umschreibung für das Unterlaufen der Sanktionspolitik. Interessant ist die regionale Supermacht für Deutschland vor allem aus wirtschaftlichen Gründen, und die bestimmten auch den Besuch. Die Frage eines Geschäftsmannes in Johannesburg nach dem Afrika- Konzept der Bundesregierung beantwortete Kohl mit allgemeinen wirtschaftlichen Ausführungen. Außer den drei unterzeichneten Abkommen über Entwicklungshilfe und Investitionsschutz hat der Besuch Kohls wenig Konkretes gebracht. Ein Kulturabkommen zwischen beiden Ländern gibt es noch nicht. Mit seinem Versprechen, sich für den Ausbau der wirtschaftlichen Beziehungen und einen erleichterten Zugang zur EU einzusetzen, trifft er allerdings die südafrikanischen Interessen genau. Deutschland ist für Südafrika derzeit wichtigster Handelspartner und der zweitgrößte Investor. Außerdem strebt Südafrika an, die Entwicklungsgemeinschaft Südliches Afrika (SADC) zu einem potenten Wirtschaftsblock zu machen, und dafür ist der europäische Markt langfristig sehr wichtig. Kordula Doerfler