Heckelmanns Anteil am Attentat

Im Mykonos-Untersuchungsausschuß ziehen alle Parteien – außer der CDU – das gleiche Fazit: Innensenator hätte bei ordentlicher Amtsführung das Attentat verhindern können  ■ Aus Berlin Dirk Wildt

Berlins Innensenator Dieter Heckelmann (CDU) gerät fünf Wochen vor den Landtagswahlen noch einmal in erhebliche Schwierigkeiten. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen warfen gestern dem Senator vor, daß er bei „ordentlicher Amtsführung“ einen Mordanschlag während einer Tagung der Sozialistischen Internationale (SI) vor drei Jahren in Berlin hätte vereiteln können. Bei dem Anschlag waren fünf iranisch-kurdische Oppositionspolitiker im Lokal „Mykonos“ erschossen worden. Gegen einige der mutmaßlichen Attentäter, Mitglieder der Hisbollah, wird seit zwei Jahren vor dem Berliner Landgericht verhandelt. Dem mutmaßlichen Drahtzieher, Kazem Darabi wirft die Anklage vor, im Auftrag des iranischen Geheimdienstes gehandelt zu haben.

Parallel zum Prozeß war ein Untersuchungsausschuß des Berliner Abgeordnetenhauses unter anderem der Frage nachgegangen, ob es vor dem Attentat Versäumnisse der Berliner Sicherheitsbehörden gegeben habe. Nach Abschluß der Untersuchungsarbeit bejahen die Grünen, FDP und PDS diese Frage. Auch die SPD, die mit der CDU in Berlin eine Große Koalition bildet, signalisiert Zustimmung zum Ausschußergebnis. Die Beweisaufnahme habe ergeben, „daß der Innensenator vor dem Attentat ausführlich über die Gefährlichkeit Darabis informiert war“, sagte Renate Künast, innenpolitische Sprecherin der Bündnisgrünen. Der Mykonos-Ausschuß tagte in zwei Jahren 29 Mal. Doch der Innensenator habe keine Sicherheitsmaßnahmen zum SI- Kongress vorbereitet. Sicherheitsrunden ließ er ausfallen, die gewöhnlicherweise bei Tagungen des Internationalen Olympischen Komitees oder des Internationalen Weltwährungsfonds zusammenkamen. Obwohl den Sicherheitsbehörden bekannt war, daß Darabi Mitglied der terroristischen Hisbollah sei, konnte dessen Telefon erst nach dem Anschlag abgehört werden – Heckelmann habe eine dafür notwendige G-10-Stelle zu spät eingerichtet, berichtete Künast. FDP-Sicherheitsexperte Rolf-Peter Lange warf Heckelmann vor, die Durchführung des Verbrechens „in erheblichem Maße erleichtert, vielleicht sogar erst ermöglicht“ zu haben.

Die Bündnisgrünen werden einen Mißbilligungsantrag stellen, weil der „Senator ein Sicherheitsrisiko für Berlin“ sei. Dieser Antrag wird im Parlament aller Wahrscheinlichkeit mehrheitlich angenommen, da FDP und PDS zustimmen wollen und auch hier die SPD eine Unterstützung signalisierte.

Der Untersuchungsausschuß sollte seine Arbeit bereits vor einem Jahr beenden. Doch die CDU verzögerte einen Abschlußbericht.

Die CDU ließ gestern verkünden, der Mykonos-Untersuchungsausschuß sei zum „Kampfinstrument einer linken Mehrheit“ verkommen. Die SI selbst habe „eine Riesenschlamperei“ zu verantworten. Die Namen der Opfer hätten die Organisatoren der Polizei erst im Nachhinein mitteilen können.