Politische Ökumene

■ Roms grüner Bürgermeister will ehemaligen faschistischen Minister ehren

Rom (taz) – Eine häßliche Karikatur mit Faschistenkäppi und schrecklichem Zähnegebleck verunziert die Titelseite von Italiens letzter „kommunistischer Tageszeitung“ il manifesto: Anspielung auf Roms ewig strahlenden Bürgermeister Giancarlo Rutelli, einen angeblichen Grünen, den il manifesto bei den Bürgermeisterwahlen vor zwei Jahren noch unterstützt hatte. Doch nicht nur, daß Rutelli die Stadt dicker zubetoniert als all seine Vorgänger – nun hat er auch noch beschlossen, eine Straße nach einem hochrangigen Mitglied der Mussolini-Regierung zu benennen: Giuseppe Bottai, von 1936 bis zum Sturz des Faschismus 1943 Erziehungsminister, sei ein annehmbarer Namensgeber für eine Allee oder eine Piazza, meint Rutelli.

Kein Wunder, daß alles, was historisches Gedächtnis hat, Bauklötze staunt und daß sich Roms verbliebene Juden geradezu verhöhnt vorkommen: War der Mann doch jener Ressortchef, der die Rassegesetze besonders aggressiv umzusetzen versuchte, indem er die Schulbücher nicht nur von „jüdischen Schriftstellern und anderem Gesindel reinigte“, sondern selbst in die Fibeln der Erstkläßler rassistische Sprüche hineindruckte.

Tullia Zevo von der israelitischen Gemeinde Roms kann es „überhaupt nicht fassen, was in Rutelli gefahren ist“, und der Historiker Giorgio Pcorini kann es, wie il manifesto, nur noch „mit einem geradezu manischen Hang zur politischen Ökumene“ erklären, daß der Bürgermeister einen Faschisten ehren möchte: ein Aussöhnungsfimmel mit der „anderen Seite“, um sich ja nicht von seinem rechten Konkurrenten Gianfranco Fini übertrumpfen zu lassen.

Was die Provokation noch verstärkt: Ausgerechnet die große Piazza vor dem Museum der Schönen Künste will Rutelli umtaufen. Hier begannen 1968 die Studentenunruhen – und bis heute findet hier das jährliche Gedenken an den ersten brutalen Polizeieinsatz statt. Werner Raith