Auf den Verletzten weiter eingedroschen

■ Einsatzzug Mitte: Ein Opfer der Polizeiübergriffe im Schanzenviertel klagt an

Heftige Vorwürfe gegen die Polizei erhebt jetzt öffentlich eines der Opfer des „schweren und nicht hinnehmbare Polizeiübergriffs“ (GAl-Bürgerschaftlerin Susanne Uhl) im Schanzenviertel, über den die taz am Montag berichtete. Nach einer Demonstration gegen die vermeintlichen „Links-Terroristen“ geltende Großrazzia war es am Freitag, dem 16. Juni, zu Polizeiübergriffen gekommen. Als gut 50 TeilnehmerInnen einer Nachfolge-Demo versuchten, sich in die Rote Flora zurückzuziehen, folgte vor deren Seiteneingang ein massiver Schlagstockeinsatz des herbeigerufenen Einsatzzuges Mitte.

Wie mehrere Demo-TeilnehmerInnen aber auch völlig unbeteiligte Personen versuchte sich der Erzieher Gunnar G. vor dem „knüppelschwingenden Polizeitrupp“ in der Flora in Sicherheit zu bringen. Gunnar G.: „Ich war vor der Tür der letzte. Als ich mich umdrehen wollte, erhielt ich ohne Vorwarnung mehrere Knüppelschläge auf den Kopf“. Nachdem er mit klaffender Platzwunde zu Boden gegangen war, hätten sich einige Beamte „auf mich gekniet und weiter auf mich eingedroschen“.

Ein Polizist hätte dabei mehrfach versucht, „mir mit dem Knüppel zwischen die Beine zu hauen“. Anschließend hätten die Einsatzkräfte seine „Hände auf dem Rücken mit Plastikfesseln so zugeschnürt“, daß der Erzieher „Schnittwunden und Prellungen“ davontrug.

0bwohl eine sich zufällig in der Nähe befindende Ärztin – die den Verletzten nur notdürftig verbinden konnte – auf einer sofortigen medizinischen Versorgung bestand, verging zwischen dem Prügeleinsatz und dem Auftauschen des Krankenwagens nach Angaben von Gunnar G. fast eine halbe Stunde.

Neben der Kopfplatzwunde und den Handgelenksverletzungen trug der Erzieher schwere Nackenprellungen davon. Ob auch seine Halswirbel verletzt wurden läßt sich aufgrund der starken Blutergüsse noch nicht sicher attestieren. Ein anderes Opfer des Polizeieinsatzes trug nach Informationen der taz einen Kieferanbruch davon.

Da die GALierInnen Susanne Uhl und Peter Mecklenburg unmittelbar nach den Vorfällen Strafanzeige gegen die Polizeischläger stellten, ermittelt die „Dienststelle interne Ermittlungen“ (DIE) zur Zeit gegen die beteiligten Beamten wegen „Körperverletzung im Amt“ und „unterlassener Hilfeleistung“. Der Vorwurf der unterlassenen Hilfeleistung allerdings entspräche, so DIE-Leiter Thomas Menzel nach „der derzeitigen Kenntnisstand nicht den Tatsachen“.

Die beiden Beamten, die nach langem Hick-Hack am Ort des Geschehens ihre Dienstnummern preisgaben, wurden bislang noch nicht vernommen. Menzel: „Uns fehlen noch die schriftlichen Zeugenaussagen von Susanne Uhl und Peter Mecklenburg“. Es mache „wenig Sinn die Beschuldigten mit Vorwürfen zu konfrontieren, die zur Zeit nur in allgemeiner Form auf dem Tisch liegen“.

Uhl und Mecklenburg kündigten gegenüber der taz am Freitag an, den Ermittlern noch am Montag ihre schriftliche Zeugenaussage vorzulegen. Sowohl die Polizei wie der Anwalt des Betroffen, Jan Mohr (Tel: 4397039), suchen darüberhinaus noch dringend Zeugen, die die Vorfälle beobachtet haben.

Marco Carini