Polizei organisiert Heroinhandel!

■ Undercoveragenten rissen eine kurdische Familie ins Verderben / Verdeckte Ermittler betätigten sich als Helfer für Knastausbruch Von Peter Müller

Um die Erfolgsstatistik aufzumöbeln, schafft sich das Rauschgiftdezernat (RD) der Hamburger Polizei offenbar seine Fälle selbst. So spielten Undercoveragenten der Rauschgiftfahndung und des Mobilen Einsatzkommandos (MEK) Anfang des Jahres Ausbruchhelfer, um hinterher eine halbe kurdische Familie wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz einzubuchten.

Mehmet D. verbüßt in Santa Fu eine längere Haftstrafe wegen Heroinhandels. Ende vergangenen Jahres wollte er ausbrechen. Er fragte einen Mithäftling, ob er ihm Fluchthelfer vermitteln könnte. Die Ausbruchaktion sollte während eines Arztbesuches im AK Barmbek erfolgen. Als Lohn bot er Heroin an – ein Kilo vor und zwei Kilogramm nach erfolgreichem „Kidnapping“.

Was Mehmet nicht wußte: Der Knast-Kumpel war ein Polizeispitzel. Und der setzte sich sofort mit seinem Lüneburger MEK-Kontaktmann G. in Verbindung, der wiederum das Hamburger Rauschgiftdezernat in Kenntnis setzte. Ergebnis: Der Mithäftling konnte Fluchthelfer besorgen – nur waren das verdeckte Ermittler.

Im Januar fand im „Block House“ an der Kirchenallee das erste Treffen zwischen „Fluchthelfern“ und Familienmitgliedern des Ausbrechers in spe statt. Für die Familie erschienen „Hero“ Hayrullah D., Mehmets Bruder, sowie Vetter „Hayatin“. Die beiden Polizisten kamen prompt zur Sache. Bezahlung: 3 Kilo Heroin oder Kokain.

Die Familie war offenkundig über Mehmets Flucht-Ambitionen informiert, nicht aber über den Rauschgiftdeal. Hayatin lehnte ab – er habe in Hamburg ein Lokal und nichts mit Drogengeschäften zu tun. Statt dessen bot er für die Befreiungsaktion 20 000 Mark oder mehr an. Dies lehnten die verdeckten Ermittler ab.

Mehmet machte aus dem Knast Druck und schickte seine Leute nach Holland, um den Stoff zu besorgen. Doch das klappte nicht. Bei weiteren Treffen zwischen den verdeckt arbeitenden MEKler G. und RDler A. – die mittlerweile einen weiteren „nicht offen arbeitenden Beamten “ eingeschaltet hatten – und den Familienmitgliedern, drehte es sich fortan nur noch um eine Frage. Wann kommt das Heroin?

Dabei übte das polizeiliche Undercover-Trio massiven Druck aus. Der Scheinankäufer über ein weiteres Treffen Ende März: „Ich tat dabei so, als ob ich wütend darüber war, daß sich bisher noch nichts getan hat. Denn laut Planung hätte ich das Heroin längst benötigt, um meine Leute zu finanzieren und die beiden Beamten zu bestechen.“ Er verlangte von der Familie D. das Rauschgift noch am gleichen Tag, sonst würde er die Fluchthilfe abblasen.

Trotzdem erschienen Familien-mitglieder bei weiteren Treffs verabredungswidrig ohne das „Gift“. Erst als Mehmet persönlich seine Ex-Kontakte in die Szene nutzte, gelang es der Familie, 400 Gramm Heroin aus kurdischen Dealerkreisen zu besorgen. „Heros“ Cousin „Niko“ Burhanettin D. nahm in den Abendstunden das Heroin von einem Kurden-Jungen am U-Bahnhof Hudtwalker Straße in Empfang. „Niko“ und „Hero“ übergaben dann am Winterhuder Markt den Stoff an einen der „Fluchthelfer“. Bei der Übergabe des Heroins griff das MEK zu und verhaftete die beiden Familienmitglieder.

Für GAL-Referent Peter Mecklenburg ist der Fall eine „polizeiliche Räuberpistole“: Es sei fraglich, ob es jemals zu einer Straftat gekommen und Mehmet D. Fluchthelfer gefunden hätte. Mecklenburg: „Wenn die Polizei die Sache nicht selber angeschoben hätte, wäre es nie zu diesen Heroin-Deal gekommen.“