■ Hinterbank: Die Immunschwäche
Wer die Schlüssel seiner Wohnung verleiht, kann selbst dann in unangenehme Situationen geraten, wenn er sein privates Reich nur Freunden und der Großmutter anvertraut. Diese bittere Erfahrung macht seit einem Jahr der Politiker Wolfgang Mleczkowski.
„Sexspiele mit Kindern in Wohnung von FDP-Abgeordneten?“ fragte die Bild-Zeitung. Wußte Mleczkowski, daß Freunde Päderasten sein können und daß diese ohne Rücksicht auf Verluste für ihre sexuellen Vorlieben Kinder mißbrauchen – manchmal auch in den Wohnungen anderer Leute?
Schon damals glaubte Mleczkowski, die „Schmuddelgeschichte“ sei ein „Wahlkampfbeitrag“ gegen die FDP. Komisch: Damals war gar kein Wahlkampf. Diese Woche nun hat der Rechtsausschuß des Parlaments dem Abgeordnetenhaus empfohlen, die Immunität des Abgeordneten auzuheben, damit er vor Gericht zitiert werden darf. Ein minderjähriges Opfer will beim Kindersex jemanden hinterm Schlüsselloch bemerkt haben. Mleczkowski?
Der Beschuldigte vermutet hinter dem Antrag der Staatsanwaltschaft diesmal „Wahlkampf-Spielzeug“. Die Justiz habe das Verfahren absichtlich im „Trödeltrott“ geführt. Immerhin: Mleczkowski hat bemerkt, daß Wahlkampf ist. Dumm nur, daß schon Ende April seine Immunität aufgehoben worden wäre, wenn nicht ausgerechnet Mleczkowskis Verteidiger selbst mit Akteneinsichten und Stellungnahmen das Verfahren in die Länge gezogen hätte. Sein Anwalt ist nicht in der FDP.
Ist in Wirklichkeit also dieser miese Advokat Mleczkowskis Feind? Niemand weiß das. Eins sollte der immunschwache Mleczkowski aber gelernt haben: vor, im oder nach Wahlkämpfen keine Schlüssel zu verleihen. Dirk Wildt
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