Reisebrei

■ Diesmal definitiv Kreta: Wo der Wirt Trinkgeld gibt. Echt in Ordnung!

Wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erzählen. Zum Beispiel, daß es purer Zufall war, nach Kreta geflogen zu sein, um ein Haar Brasilien dran gewesen wäre, last minute, zum gleichen Preis wie Kreta. Nur weil es das letzte Mal schon Griechenland sein sollte, dann aber, wieder last minute, Thailand dazwischenkam, hat Kreta diesmal den Zuschlag erhalten. Unglaublicher Kilometerverzicht. Unterm Strich hat es sich rentiert, wenngleich die Entscheidung um die deutsche Meisterschaft viel zu spät bekannt wurde – via Bild-Zeitung, nur dieses eine Mal, ehrlich, aber wann war dieses Finale schon mal so spannend. Statt dessen jenes Wochenende in einer wirklich schönen Freiluftdisco, direkt am Meer – Sternchen, Mond und so weiter, alles echt – verbracht, am Himmel die Kondensstreifen anderer Touristen. Ziel vielleicht Israel oder Ägypten oder weiß Gott wo. Aber hier geht es schließlich um Kreta, wo man natürlich die unvermeidlichen Bekannten trifft: „Hawaii ist vom Klima auch nicht schlecht, wart ihr schon im Norden? Alles verbaut, aber der Westen, super Strand zum Relaxen – bißchen braun, nur 'n bißchen, kann man ja schon werden, aber Hawaii müßt ihr euch unbedingt merken.“ 35 Grad im Schatten. Übernachtungsfrei der reiseführerbekannte Wind aus West & Ost. Kretische Geschichte: ziemlich heftig – mittenmang wie immer die Deutschen, gründlich tödlich. Trotzdem ungeheuer freundlich die Leute hier, wo der Wirt Trinkgeld gibt. Unter Umständen noch mal hinfliegen, was allerdings eher unwahrscheinlich ist, gibt ja noch die Kykladen, und festlandsmäßig wäre auch noch einiges drin, ganz abgesehen von zum Beispiel Korfu. Man lernt ein Land nicht so leicht kennen, wenn es auf so vielen Inseln herumliegt. Vielleicht lernt man es nie kennen, oder nur auf Kosten von Neuseeland oder Kanada oder Irland.

Paleochora hieß übrigens das Örtchen, in dem man sich weniger fremd fühlt als in Frankfurt und mehr internationale Presse bekommt als in ganz Bremen. Österreich hat mächtig an sich erinnert, durch die vielen Erholenden von, ja von was denn, von harter Arbeit vermutlich. 14 Stunden täglich und so. Sehr wichtige Personen überall. Mal wieder Wien, nicht als Reise, aber als Trip. In Knossos gab's schon vor 4.000 Jahren Klos mit Wasserspülung!

Abschließender Verdacht, daß der Dorfpope und die schnauzbärtigen Kreter von TUI bezahlt werden, das mit dem Dörfchen nur ein abgefahrener Trick und das ganze ein durchgestylter Ferienclub ist. Summa: Echt in Ordnung. Wolfgang Hanfstein