Deutsche Kapitäne Mangelware

■ „Berufe an Bord“ wirbt für Kapitäns-Karriere / Chance für Frauen?

Die deutsche Seefahrt geht unter, wenn es nicht gelingt, deutschen Offiziers- und Kapitänsnachwuchs an Bord zu holen. Deshalb soll jetzt eine Austellung des Verbandes Deutscher Reeder (VDR), der Stiftung Deutsche Seemannsschule Hamburg und des Arbeitsamtes Oldenburg für die „Berufe an Bord“ werben.

„Seefahrt hat nichts mit Romantik zu tun und auch nicht mit Haifischbar, tätowierten Oberarmen und einer Freundin in jeder Hafenstadt“, stellte Hans-Jürgen Dietrich, Sprecher des VDR, klar. Mit diesem Seemannsgarn solle die Ausstellung im Berufsinformationszentrum des Oldenburger Arbeitsamtes aufräumen.

Attraktiv seien die „Berufe an Bord“ wegen der guten Bezahlung und rosigen Berufsaussichten. „Bis zur Jahrtausendwende“, prognostizierte Hans-Jürgen Dietrich, „werden mehr als die Hälfte der Führungskräfte auf deutschen Schiffen in Rente gehen“. Der Anfangslohn eines Schiffsmechanikers liege bei 1542 DM, ein Kapitän verdiene mindestens 8886 DM im Monat. Für den bestehenden Mangel an qualifiziertem Personal seien die deutschen Reedereien allerdings selbst verantwortlich. Die zahlreichen Entlassungen sowie die Praxis, deutsche Schiffe aus Kostengründen unter ausländischer Flagge fahren zu lassen, hätten potentielle Berufseinsteiger nachhaltig abgeschreckt.

Deutsche OffiziersanwärterInnen werden jetzt wieder händeringend gesucht. Aber eben auch nur die. Denn für die restliche Besatzung sind ausländische Mitarbeiter für die Reeder billiger. Ausländer fahren zu sogenannten „Heimatlohnbedingungen“ auf den Schiffen und verdienen nur ein Drittel dessen, was ihre deutschen Kollegen bekommen. Die Offiziers- und Kapitänsposten bleiben Ausländern bisher verwehrt.

Der Engpaß beim Führungspersonal ermöglicht jetzt auch Frauen eine Karriere auf hoher See. Immerhin gibt es derzeit etwa 40 weibliche Offiziere und 60 weibliche Offiziersanwärter bei insgesamt etwa 15.000 Beschäftigten auf deutschen Schiffen. Das ist eine kleine Revolution, denn früher galt: Frauen an Bord bringen Unglück.

Trotz besserer Bezahlung, vier Monaten Urlaub im Jahr statt der ursprünglichen vierzehn Tage und komfortablerer Unterbringung an Bord, bedeutet Schiffahrt immernoch oft monatelange Fahrt fern von Heimat, Familie und Freunden. Fremde Länder erleben Seeleute meist nur noch als die immergleichen Containerhäfen, denn Liegezeiten im Hafen sind teuer.

Wer überlegt, Seefahrer zu werden, hat bei einem vier- bis sechswöchigen Schiffspraktikum die Möglichkeit, sich auf seine Seetauglichkeit zu überprüfen.

Elke Gundel

Die Ausstellung „Berufe an Bord“ ist noch bis zum 21. September zu besichtigen. Öffnungszeiten: Monags bis mittwochs von 8 bis 15.30 Uhr, donnerstags von 8 bis 18 Uhr und freitags von 8 bis 12 Uhr.