Menschenrechtspreis für Sergej Kowaljow

■ Der mit 25.000 Mark dotierte Internationale Nürnberger Menschenrechtspreis wurde an den ehemaligen Menschenrechtsbeauftragten Jelzins verliehen

Nürnberg (taz) – Der erste Preisträger des Internationalen Nürnberger Menschenrechtspreises heißt Sergej Kowaljow. Der russische Duma-Abgeordnete, Wissenschaftler und Menschenrechtler wurde im Rahmen eines Festaktes im Nürnberger Germanischen Nationalmuseum für „seinen langjährigen Einsatz für die Wahrung der Menschenrechte“ ausgezeichnet. „Die Welt unserer Zeit braucht Bürger wie Kowaljow“, so der tschechische Staatspräsident Havel in seiner Laudatio. „Persönlichkeiten wie er sind Garantie dafür, daß nie wieder Nürnberger Gesetze verabschiedet und nie wieder Münchner Abkommen unterzeichnet werden.“

Vor 60 Jahren beschloß der während des „Reichsparteitages des Friedens“ nach Nürnberg zusammengetrommelte Reichstag das „Reichsbürgergesetz“ und das „Gesetz zum Schutz des deutschen Blutes und der deutschen Ehre“. Der Menschenrechtspreis soll, so betonte denn auch Oberbürgermeister Peter Schönlein (SPD), „Symbol dafür sein, daß von Nürnberg in Gegenwart und Zukunft nur noch Signale des Friedens, der Völkerversöhnung und der Menschlichkeit ausgehen“. Eine unter anderen mit Václav Havel, Richard von Weizsäcker, dem Unesco-Generaldirektor Federico Mayor und der Vorsitzenden der Menschenrechtskommission von Pakistan, Asma Jahangir, besetzte Jury soll den mit 25.000 Mark dotierten Preis alle zwei Jahre vergeben.

In seiner Laudatio erinnerte Havel an das Scheitern der Politik des Appeasements gegenüber dem Hitlerregime. Man habe das „Untolerierbare toleriert“. Als „entscheidende Lehre“ aus dem Nationalsozialismus und dem Zweiten Weltkrieg sollte „die internationale Staatengemeinschaft nicht länger mechanisch in Kategorien des Gleichgewichts der Kräfte denken, sondern sich mit den Vorgängen im Inneren der Länder befassen“. Die „Methoden der Routinedemokraten“ reichten nicht, wenn man es mit „militanten Nationalisten zu tun“ habe. Beispielhaft verwies er auf das ehemalige Jugoslawien und auf Tschetschenien. Dort an Ort und Stelle habe Kowaljow „mutig für den demokratischen Charakter des heutigen Rußlands“ gekämpft.

In seiner Dankesrede mahnte Kowaljow, daß gerade der Tschetschenien-Krieg zum „Katalysator für totalitäre Bestrebungen“ in Rußland werden könne. Es drohe derzeit eine Entwicklung hin zu einem „militarisierten Polizeistaat“. Man müsse jetzt „mit allen Mitteln gegen den totalitären Revanchismus kämpfen“. Wichtigste Aufgabe dabei sei es, „verschreckte Sklaven zu Staatsbürgern zu erziehen“. Bernd Siegler