Sanssouci
: Vorschlag

■ „unkaputtbar“ von der Theater Produktion Strahl

Hart fetzen die Rhythmen, auf der Bühne ist es dunkel. Da wird es für einen Moment hell: fünf Jugendliche, ein Stilleben. Die Gitarren jaulen, das Schlagzeug kracht. Vier, fünfmal geht das Licht wieder an, um uns erneut ein Bild im Freeze zu zeigen. Zwei prügeln sich, mal ist Ulli oben, mal Bruno. Die anderen: mehr oder weniger ratlos. Ein Rock-Comic läuft ab, Aggression liegt in der Luft. Die Musik bestimmt die Dramaturgie, wie in der Disko taucht für Zehntelsekunden die Welt in ihren schönsten Verrenkungen auf. Fern, rätselhaft, meist zum Schreien komisch. Doch das Lachen bleibt einem hier im Halse stecken. „unkaputtbar“, das neue Stück der Theater Produktion Strahl, haut in die vollen. Hier wird nicht lang gefackelt, sondern gleich gefesselt. Ein Improvisationsstück über „viel Liebe“ kündigt das Programmheft an, doch Liebe ist hier Mangelware.

Fünf Jugendliche im Urlaub, mitten in der Blüte ihrer Pubertät. Ein Pärchen, Petra und Bruno, dessen bester Freund Johannes sowie zwei Schulfreundinnen, Nina und Ulli. Das Pärchen tauscht Spucke aus, die anderen sind einsam. Weltschmerzzeit auf der Gefühlsachterbahn. Nina ist ruppig, Ulli möglicherweise lesbisch, und Johannes fühlt sich leer. Und alle haben ihr Päckchen in Form leidiger Familienbande zu tragen. Nichts wird ausgespart: Eine klammernde, unterdrückende Mutter und eine, die auf den Strich geht, ein prügelnder Vater und einer, der vergewaltigt. Nur Nina hatte eine tolle Oma, aber die ist tot. Was als pädagogisch-schwere Kost daherkommen könnte, wird lebendig und frech serviert. Beklemmung stellt sich ganz von selber ein.

Zurück zur Story: Die Clique ist gerade vom Campingplatz geflogen. Schuld ist Bruno, aber so ganz klar ist das nicht, schließlich hat Nina auch gepöbelt. Jedenfalls hat Bruno dem Campingwart eine gescheuert, weil dieser Ulli beleidigt hat. Ulli ist fett, tritt auf wie ein Junge, kann sich selbst verteidigen und haßt vor allem eines: das „scheiß Machogetue“ von Bruno. Natürlich liebt sie ihn heimlich, fast wünscht sie sich, auch so zu sein wie Petra. Aber nur fast – sie ist zwar nett und schön, aber irgendwie auch ... „nee, brrr“. Das Publikum quietscht und applaudiert. Kein Zweifel: Ulli, gespielt von Nadine Wrietz, ist der Publikumsliebling. Doch auch die anderen „Strahl“-SchauspielerInnen stehen ihr kaum nach. Biß und Blut hat die Truppe, mit Verve fliegen sie rotzend, schäkernd, schlägernd und spaß-boxend durch die wohlarrangierten Szenen. Kaum zu glauben, daß sie nur vier Wochen Zeit hatten, ihre Improvisation in einen Guß zu bringen. Kein Zweifel: Die eben bewilligte Optionsförderung hat die Gruppe verdient. Petra Brändle

„unkaputtbar“, bis Freitag täglich 11 Uhr, Mittwoch auch 19 Uhr, Kulturzentrum Die Weiße Rose, Martin-Luther-Straße 77, Schöneberg