Ben Cartwrights Stimme ist tot

■ Friedrich Schütter war Chef im Theater und Hiwi im TV

Er wollte nie etwas anderes als Theater spielen. Daß er dabei bis ans Ende seines Lebens es immer nur in Hamburg zu einer gewissen Prominenz brachte, hat er immer bedauert und ihn wohl auch ein wenig gekränkt: Friedrich Schütter spielte im Fernsehen immer nur Nebenrollen, den Chauffeur der adeligen „Guldenburgs“ beispielsweise, auch Pförtner oder Dienstboten. Das Böse war seine Sache nicht: In seiner Welt gab es nur Gute und solche, die zum Guten gebracht werden müssen.

Schütter gehörte zu den Mitbegründern des „Ernst-Deutsch- Theaters“, das nach dem Zweiten Weltkrieg – erst unter dem programmatisch gesinnten Namen „Junges Theater“ – von der Bühne aus Aufklärung stiften wollte wider die „braune Pest“. Das Haus an der Mundsburg, gerade am Scharnier zwischen Innenstadt und Vororten, war jedoch immer nur pädagogische Heilanstalt für die verunsicherten Mittelschichten Hamburgs.

Nie gab es Stücke, die auch nur andeuteten, daß der faschistische Charakter letztlich in jedem angelegt sein kann. Schütter wehrte sich gegen solche Auffassungen: „Das Böse ist einzeln.“ Kein Wunder, daß an seinem Theater selbst die Weihnachtsmärchen von Gewalt befreit wurden, selbst Teufel waren eigentlich lieb. Anders gesagt: Avantgarde war mit Schütter, dem unerschütterlichen Sozialdemokraten, nicht zu machen.

Er verstand im übrigen auch keinen Spaß, wenn es um Humor ging, ironischen gar oder ätzenden: Seine Kriegsverletzungen, erzählte er einmal, hätten ihn davor bewahrt, sich über Dinge lustig zu machen, die nicht komisch sind. Seine Bühne leitete er dementsprechend autokratisch, an seiner Intendanz gab es nichts zu rütteln, Diskussionen um seine Nachfolge schob er zwar immer mit an, aber nur, um sich gleich selbst ad absurdum zu führen: Ohne mich geht es doch nicht.

Schütter, mehrmals verheiratet, allzeit ein Gockel, ein Frauenliebling, was immerhin dazu führte, daß sein Theater vor allem weibliche Abonnenten in der Kartei aufbewahrte, ist dennoch bundesweit bekannt: Seine Stimme, sonor, dunkel, vertrauenserweckend, väterlich, gottnah, lieh er Lorne Greene – in „Bonanza“: Schütter war eigentlich Ben Cartwright, der tollste Cowboyvater aller Zeiten. Wenn Schütter ein „Joe, paß auf, die Kerle sind gefährlich“ brummte, wußte die Westerngemeinde: Soviel väterlicher Rat ist gut und teuer.

Der US-amerikanische Schauspieler hat einmal gesagt, daß er es am liebsten hätte, wenn Schütter auch die Originale in Englisch spräche, so glaubwürdig sei dessen Timbre, daß seines sich dagegen fistelig ausnehme. Jan Feddersen