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: Sahnetörtchen ohne Hut

„Im Visier des FBI“, Montag, 23 Uhr, West 3

Kulturfernsehen zu später Stunde – da stand eigentlich wenig Erquickliches zu erwarten. Und was da über die deutschen Literaten im US-Exil über den Schirm kam, war für Leser mit Neigung zum Zweitbuch in der Tat nicht unbedingt neu. Die Machenschaften des FBI gegen Brecht, Feuchtwanger, Klaus Mann und andere, die Aktivitäten des Komitees zur Untersuchung antiamerikanischer Umtriebe, der ideologische Eiertanz der US-Behörden zwischen Kommunistenhatz und Kriegsbündnis mit den Sowjets – alles schon mal zusammengetragen.

Doch daß die nun geöffneten FBI-Akten über die Bespitzelung deutscher Antifaschisten in dieser Hinsicht für sensationelle Neuigkeiten sorgen würden, war ohnehin nicht zu erwarten. So erzählte denn auch Johannes Eglau anhand dieser Observationsberichte mehr über die USA und das FBI jener Jahre als über die Nöte der Literaten im Exil. Und da gab's allerhand zu bestaunen. Beispielsweise die Aufzeichnungen eines überaus fleißigen Agenten: „Klaus Mann verließ seine Wohnung im grauen Anzug; er trug braune Schuhe, keinen Hut. Er betrat eine Bäckerei und kaufte ein Sahnetörtchen. Er verließ die Bäckerei. Mit dem Sahnetörtchen!“ Was denkbar wenig über Klaus Mann aussagte, jedoch viel über den hochgezüchteten Schwachsinn, mit dem Geheimdienste in aller Welt „brisante“ Informationen sammeln.

Löblich war an dem Film jedoch vor allem das sichtliche Bemühen die dröge Aktenmaterie fernsehgerecht aufzubereiten. Eine für dieses Genre hohe Schnittfrequenz sorgte für Tempo (darf man das bei einem solchen Thema? Jawoll, man darf!), und den üblichen öden Wechsel zwischen Archivbildern und Zeitzeugeninterviews lockerte Eglau immer wieder mit kurzen szenischen Nachstellungen auf, die eben nicht mehr sein wollten als unterhaltende Einsprengsel.

Das machte aus seinem Film gewiß noch kein Meisterwerk, muß aber lobend erwähnt werden. Schließlich hat man es in diesem Genre ansonsten doch vorwiegend mit verquasten Zweitverwertungen irgendwelcher Doktorarbeiten zu tun, deren Macher (blasierte Redakteure eingeschlossen) sich aus Arroganz oder Einfallslosigkeit (oft beidem) nicht die Bohne darum scheren, daß sie es hier mit einem Bildermedium zu tun haben. Reinhard Lüke