It's "Time" time

■ Die Fusion von Time Warner und CNN-Eigentümer Turner zum weltgrößten Medienkonzern kommt doch zustande

Die beiden vielbejubelten Mega-Deals der Entertainment-Branche waren im Juli kurz und schmerzlos über die Bühne gegangen. Disney und Westinghouse konnten sich mit den Fernseh-Networks ABC bzw. CBS rasch über die Übernahmebedingungen einigen. Die dritte große Übernahme dieses Sommers dagegen wurde in den letzten Wochen von sich ständig widersprechenden Meldungen begleitet und schien am vorletzten Wochenende schon geplatzt.

Seit vorgestern aber scheint das Zusammengehen von CNN-Chef Ted Turner und dem Vorsitzenden von Time Warner Gerald Levin beschlossene Sache. Dem Verhandlungsergebnis müssen jetzt nur noch die Verwaltungsräte der beteiligten Unternehmen zustimmen. Dann entsteht der größte Medienkonzern der Welt (18 Milliarden Dollar Umsatz), noch vor dem sich gerade bildenden ABC/ Disney-Imperium.

Der Grund für die langwierigen Verhandlungen lag hauptsächlich bei Turner Broadcasting, dessen Anteilseigner zufriedengestellt werden wollten. Vor allem John Malone, mit seiner Firma Telecommunications Inc. (TCI) der größte Anbieter von Kabelfernsehen in den USA, hatte die Verhandlungen lange hingezogen. Jetzt hat man ihn offenbar so abgefunden, daß auch er der Fusion zustimmt.

Zuerst hatte das für alle Seiten attraktive Angebot von Time Warner in das Schema der reibungslosen Übernahmen gepaßt: Es sah vor, die Anteilseigner von Turner zwar nicht in bar, aber großzügig mit Time-Warner-Aktien zu entschädigen. Und der Chef des kleineren Unternehmens Ted Turner sollte als Vize-Vorsitzender bei Time Warner nicht nur die Kontrolle über seine bisherigen Unternehmungen (darunter CNN) behalten, sondern auf den Pay-TV- Kanal HBO ausdehnen. Auf der anderen Seite sichert sich Time Warner mit Turner einen potenten Produzenten von Nachrichten, Fernseh- und Kinounterhaltung; die Turner-eigenen Produktionsfirmen New Line Cinema und Castle Rock ebenso wie das Zeichentrickstudio Hanna-Barbera füllen dann mit Erzeugnissen wie „Die Maske“, „Shawshank Redemption“ oder „Familie Feuerstein“ in idealer Weise die Pay-per- View-Kanäle von Time Warner.

Daneben wollen Time Warner und Turner die Integration von Fernseh- und Printredaktionen versuchen, um bei Recherchen und Archiven einzusparen. CNN soll Magazine wie Time, Fortune und People in Fernseh-Formate umwandeln und senden. Umgekehrt könnte das Wirtschaftsmagazin Fortune den neuen CNN-Finanzkanal füttern.

Dem von Malone geführten Kabelservice TCI sollte das Time- Warner-Angebot eine 8-Prozent- Beteiligung an Time Warner oder einen Aktiengewinn von 670 Millionen Dollar einbringen.

Jedoch hatte der Deal für ihn einen entscheidenden Haken: Der Turner-Anteilseigner und Marktführer würde bei einem Zustandekommen der Übernahme die Kontrolle über Turner Broadcasting an seinen direkten Konkurrenten Time Warner, den zweitgrößsten US-Kabelanbieter, abgeben – für Malones TCI, das auf die Einspeisung von Turners Programmen in sein Netz nicht verzichten kann, ein Zustand mit kostspieligen Folgen: TCI hinge früher oder später von den Programmen seines schärfsten Konkurrenten ab.

Mit zwangsläufigen Folgen auch für alle anderen, die nicht zu den Großblöcken von Programmproduzenten und -anbietern (Murdoch/Fox, Disney/ABC, NBC und Turner/Time Warner) gehören: Diejenigen Kabelnetze, Networks und Radioketten, die sich nicht frühzeitig mit Programmen versorgen konnten, werden dann nur geringe Gewinne einfahren – oder gar Verluste machen (wie in Deutschland SAT.1, das vom Filmlieferanten Kirch geschröpft wird).

Die Ausgleichsleistungen für Malone waren mehrere Wochen lang Thema für die US-Zeitungen Er soll nun neben einem Vorzugspreis für seine Turner-Anteile langfristig auch dessen Kabelprogramme zu günstigen Konditionen erhalten. Außerdem darf er seinen Einfluß auf Time Warner ausweiten und gegen jeden Verkauf von Turner-Anteilen sein Veto einlegen.

Malone hat TCI fürs erste gerettet. Der Hauptgewinner des Geschäfts jedoch heißt Ted Turner. Turner hat seine Position innerhalb seines Unternehmens behalten und um zahlreiche Möglichkeiten erweitert. Die New York Times sagt ihm jetzt Ambitionen nach, dem TV-Network CBS nach dem geglückten Zusammengehen mit Time Warner ein Angebot zu machen, das die eigentlich bereits akzeptierte Offerte von Westinghouse übertrifft – die aber erst im Oktober in Kraft treten soll. Mit dem Vorsitz über ein Network würde sich Turner, so meinen Insider, einen langgehegten Traum erfüllen. Stefan Matzig, New York