Wälder sind nicht automatisch Natur

Die lange versprochene Novellierung des Naturschutzgesetzes steht bevor. Der Naturschutzbund hält die ersten Entwürfe aus dem Bonner Umweltministerium für unzureichend  ■ Aus Bonn Volker Weidermann

Die Bundesregierung verspricht seit 1983 eine Reform des Bundesnaturschutzgesetzes. Jetzt hat Bundesumweltministerin Angela Merkel einen ersten Referentenentwurf hierzu vorgelegt. Von der SPD liegt bereits ein Gesetzesentwurf vor. Der Naturschutzbund Deutschland begrüßte gestern in Bonn die beiden Initiativen, wollte jedoch vor allem den Regierungsentwurf noch erheblich verbessert wissen. „Von der Forderung des Europäischen Naturschutzjahres 1995, auf der gesamten Fläche naturschutzverträglich zu wirtschaften sind wir meilenweit entfernt“, so der Nabu-Geschäftsführer Gerd Billen. Immherhin würde in beiden Entwürfen Land- und Forstwirtschaft nicht mehr pauschal als naturschutzkonform eingestuft, wie es im aktuellen Gesetz noch steht.

Im Regierungsentwurf fehlten jedoch klare Betreiberpflichten, um den intensiven Dünger- und Pestizideinsatz begrenzen zu können, bemängelte Billen. Außerdem vermißt der Naturschutzbund klare Vorgaben hinsichtlich des Anteils der Vorrangflächen für den Naturschutz. Nach ihrer Ansicht sollten das 10 bis 15 Prozent der Gesamtfläche der Bundesrepublik sein, die besonderen Schutzbestimmungen unterliegen müßten. Im SPD-Entwurf ist diese Forderung enthalten.

Ein besonderes Anliegen ist den Naturschützern ein „Habitatschutz für gefährdete Arten“, der, nach dem Vorbild des „endangered-species-act“ der USA, Tierarten nicht nur vor direktem Zugriff schützt, sondern auch deren Streifgebiete und Reviere sichert. Außerdem fordert der Naturschutzbund die Einführung von „Biosphärenparks“, einer neuen Schutzgebietskategorie, in denen der Schutz der Natur mit ihrer Nutzung kombiniert würde. „Die Integration des Naturschutzes in die Landnutzung ist ein Modell für die Zukunft“, meint Billen. Beide Vorhaben sind in den vorliegenden Entwürfen noch nicht berücksichtigt.

Vor allem bedauert der Naturschutzbund, daß in dem Papier der Umweltministerin die Verbandsklage nicht vorgesehen ist. Während zur Zeit in elf Bundesländern eine Klagemöglichkeit für Verbände gegen naturschutzwidrige Genehmigungen zugelassen ist, verzichteten fünf Bundesländer auf dieses Instrument. Gerd Billen forderte daher eine klare rechtliche Regelung der Beteiligung von Naturschutzverbänden.

Insgesamt ist der Naturschutzbund optimistisch, daß es in dieser Legislaturperiode endlich zu einer Realisierung des „überfälligen Reformprojekts“ kommt, da sich Angela Merkel, im Gegensatz zu ihrem Vorgänger sehr darum bemühe, ihre Ankündigungen auch einzulösen.