Supergau am Uni-See

■ Mit „An Angel“ rief der 12jährige Kelly-Ableger Angelo 17.000 Müll-Engel

Seit dem Wochenende wissen wir es: Die Kelly-Family hinterläßt einen Haufen Unrat. Das Konzert des neunköpfigen Monstrums, Inkarnation von Sauberkeit und heiler Welt, war ein Supergau für Bremens Botanik. Am Uni-See, wo am Samstag 17.000 ZuhörerInnen im Takt der sanften irischen Idylle pulsierten, sieht es aus wie Sau:

Rotweiße Absperrbänder flattern trostlos im Wind, leere Dosen dümpeln im Gebüsch, Klopapierstreifen winken aus dem Gesträuch. Zwischen den Zweigen hängen Pappschilder: „I love you, Angelo“ und „Ohne dich hat mein Leben keinen Sinn mehr“. Der Badestrand ist übersät mit Kippen, Plastikfetzen und den Verpackungsresten, die der Devotionalienmarkt der Kelly-Family hinterließ. Die zerfurchten Grünflächen bieten dem Auge ein konfettibuntes Drecksbild, kurz: das Konzertgelände strahlt den Charme einer krähenbehausten Deponiezufahrt aus.

„Noch nie war so viel Unrat hier“, sagt Naturschutzwächter Gerold Janssen resigniert. „Selbst die Bäche sind voll mit Dosen und so nem Zeug. Wer soll das denn alles wegmachen? Und wer bezahlt das?“ Am Sonntag habe eine private Reinigungsfirma lediglich die Gehwege gesäubert, und später auch den Parkplatz. Gegenüber Janssen erklärten die Reiniger, für den Rest nicht zuständig zu sein.

„Wir haben bestens saubergemacht“, versicherte dagegen gestern Karl Krückemeyer, Mitarbeiter der „Bremer Fußwegreinigung“, gegenüber der taz. Jedenfalls den Bereich, der von ihrem Auftraggeber, der „Kel-Life Music-Production“, auf einem Plan angezeichnet worden sei. Sechs Leute seien im Einsatz gewesen und hätten in insgesamt 50 bis 60 Arbeitsstunden das Gelände gesäubert. Für die Gebüsche hätten sie keinen Auftrag erhalten. „Aber was da noch rumliegt, ist doch altes Zeug. Da ist doch nie sauber gemacht worden. Das kann man doch jetzt nicht alles der Kelly-Familie anhängen.“ Den Strand habe man sogar ohne Auftrag ordentlich abgesucht. „Für uns ist im Prinzip die Arbeit beendet“.

Dasselbe sagt für sich das Stadtamt, welches von der Kel-Life den Auftrag erhielt, die 15 von der Reinigungsfirma gefüllten Müll-Container zu entsorgen. Obwohl mit 15 Kubikmetern Müll schon die bei solchen Konzerten übliche Müllmenge zu entsorgen war, vermutet man bei der Stadreinigung, daß am Uni-See wohl bestenfalls „geharkt, aber nicht gründlich gesammelt“ wurde. Daß der ganze Dreck schon alt sei, bestreitet der Amtssprecher ebenso wie Naturschützer Janssen.

Eine gründliche Säuberung des riesigen Areals ist tatsächlich kaum für „zwei- bis fünftausend Mark“ zu erwarten. So viel erhielt die Bremer Fußwegereinigung nach eigenen Angaben für ihre Arbeit. Versuchte die Kel-Life, den Rückstoß ihrer Gruppe aus dem grünen Herzen Irlands zum Billigtarif zu entsorgen? Der Preis sei üblich, entgegnet Kel-Life-Sprecher Wagner. Beim Konzert im Essener Gruga-Park seien nach allgemein zufriedenstellender Säuberung auch keine höheren Kosten angefallen. Der Vorschlag, die Kelly-Family möge doch von der Bühne herab ihr Publikum zu Sauberkeit mahnen, ziehe nicht, meint Wagner. „Wir bestellen Container in Massen, aber die werden nicht angenommen. Sie kriegen einfach 20.000 Menschen nicht in den Griff.“

Doch Wagner verspricht, sich um die gründliche Säuberung des Bremer Areals zu kümmern. Muß er auch, denn das Sportamt, das die Verantwortung für das Gelände trägt und den Pacht-Vertrag mit Kel-Life machte, will ihm eine Frist setzen. „Wird die nicht eingehalten, bezahlen wir die Reinigung mit der Kaution“, verspricht Rüdiger Weidenberg. Wie hoch die ist, will der Sportsamts-Mitarbeiter nicht verraten, doch sei sie in jedem Fall hoch genug, um das Konzertgelände wieder in den alten Zustand zu versetzen. Gerold Janssen dazu: „Und was ist mit den ganzen Zuwegen, mit dem umliegenden Gelände?“ dah