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Gedenkkunst, Kitschgedanken

■ Eine Bremer Diskussion über das Berliner „Denkmal für die ermordeten Juden Europas“

„So groß ist die Debatte gar nicht“, die über das geplante Berliner „Denkmal für die ermordeten Juden Europas“ geführt wird. Sagt Helmut Hafner von der Deutsch-Israelischen Gesellschaft (DIG). Tatsächlich: Zwar gab es lautstarke Wortmeldungen, aber das Wort führten nur wenige, wie eine Analyse Hafners ergab. Vor allem jüdische Intellektuelle hätten ihre Kritik geäußert – „eine ritualisierte Diskussion“, durch die „man wirkliches Erinnern auch vermeiden kann.“ Um die Debatte nun etwas mehr in die Breite zu führen, lud die Bremer Arbeitsgemeinschaft der DIG zur neuerlichen Diskussion über das Denkmal. Anders als bereits in mehreren Foren geschehen, ergab sich keine neue Kunstdebatte. In der Weserburg debattierte die DIG mit ihren Gästen auch über alternative Formen des Gedenkens – nicht-bildhafte, nicht-repräsentative, denkmalsfreie gewissermaßen.

Mehrfach kam in der Bremer Diskussion die Ansicht zum Ausdruck, daß die Verbrechen an den Juden Europas „nicht darstellbar“ seien. Schon gar nicht in jener monumentalen Form, die der Wettbewerb vorgab. Die Freifläche in Berlin-Mitte, unweit des ehemaligen „Führerbunkers“, verleite die beteiligten KünstlerInnen vielleicht automatisch zu riesenhaft aufgeblasenen Gebilden – so klang es in einigen Beiträgen an. Gigantische Lettern, gigantische Rampen, gigantische Löcher: vielleicht doch nicht die geeignete Form, fand Hafner, um Menschen dazu zu bewegen, „innezuhalten und nachzudenken“.

Denn vielleicht, so die Vermutung, geht ja schon die ganze Kunstdebatte an der Sache vorbei. Gegen diverse „Kitsch-Lösungen“, die zum Wettbewerb eingereicht worden seien – ein stilisierter Chanukka-Leuchter aus Bahngleisen z.B. – sprach sich zwar Weserburg-Direktor Thomas Deecke aus. Aber als Kitsch, so eine Überlegung einiger DiskutantInnen, würde in Deutschland möglicherweise selbst das gelten, was andernorts als Gedenkstätte funktioniere. Beispiel Yad Vashem: Dort setzt man bekanntlich auf die Kraft bildhafter Symbolik. Der Saal für die Kinder, die dem Holocaust zum Opfer fielen, wird von einem stilisierten Sternenhimmel illuminiert – etwas, das die BesucherInnen bewege, sagt Hafner, ob das nun kitschig sei oder nicht. Schließlich habe auch die TV-Serie „Holocaust“ – nicht eben ein Höhepunkt der Filmkunst – in den siebziger Jahren erreicht, „daß in den deutschen Familien überhaupt darüber geredet wurde“.

Vielleicht muß es auch überhaupt keine monumentale oder sonstwie gewichtig materielle Form haben, so einige Stimmen. Denn es gehe ja wohl nicht darum, „das Morden in seiner Gesamtheit darzustellen; das verlangt ja kein Mensch“.

Als bescheidene, aber anregende Form wäre für viele auch eine Bibliothek am Platze denkbar: „Das darüber Nachdenken, Arbeiten und Schreiben“ sei wichtiger als das manifestierte Gedenken. SympathisantInnen fanden sich auch für jene Buslinie, die Gegenstand des Wettbewerbs war – der Platz bliebe dann weitgehend leer; von der zentralen Haltestelle führen Busse zu den realen Orten des Verbrechens.

Das wären weniger spektakuläre, weniger künstlerische Lösungen – vielleicht aber, auch diese Vermutung kam auf, ist schon der Wunsch nach Lösungen das „besonders deutsche“ an dieser Debatte. „Wir müssen uns auch das Recht nehmen“, so der Kulturwissenschaftler Guido Boulboullé, „nicht alles rational bewältigen zu können“, nicht die „richtige ästhetische Form“ für das „richtige Erinnern“ finden zu können.

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