Grenzbeamten mit HIV droht Rauswurf

■ HIV-Infizierter zeigt Arzt des Bundesgrenzschutzes wegen Verletzung der Schweigepflicht an

Als Wilfried Meyer* Ende Januar erfuhr, daß sein HIV-Test positiv ausgefallen war, war er „erstmal psychisch total fertig“. Jetzt betreibt der Bundesgrenzschutz auch noch die Entlassung des Auszubildenden, obwohl nach geltendem Recht eine HIV-Infektion keinen Kündigungsgrund darstellt.

Monatelang schrieb der zuständige BGS-Abteilungsarzt Wilfried Meyer gegen seinen Willen krank – dieser hatte keine gesundheitlichen Beschwerden. Die Krankschreibung führte dazu, daß Meyers Hundertschaftsführer dessen Dienstfähigkeit prüfen ließ. Der sozialmedizinische Dienst Ahrensfelde stellte ohne Untersuchung von Meyer nach Durchsicht seiner Krankenakten fest, daß er polizeidienstunfähig sei. Auch für Arbeiten in der Verwaltung sei er gesundheitlich nicht mehr geeignet.

Daraufhin teilte der Hundertschaftsführer Wilfried Meyer Anfang Juni mit, daß er seine Entlassung beantragen werde. Seit Ende August die Krankschreibung auslief, wird der Beamte auf Probe bis auf weiteres als Aushilfskraft in der Verwaltung eingesetzt.

Dem Abteilungsarzt der Grenzschutzabteilung Ost I wirft Meyer vor, die ärztliche Schweigepflicht verletzt zu haben. Der Arzt habe seine Krankenakte an den Sozialmedizinischen Dienst weitergeleitet, obwohl er dem nicht zugestimmt habe. Der Patient müsse einen entsprechenden Vordruck unterschreiben. Dieser sei ihm nicht einmal vorgelegt worden. Der Bundesgrenzschutz behauptet dagegen, daß der Sozialmedizinische Dienst die Akten im Beisein von Meyer kopiert habe. Eine Darstellung, die Meyer zurückweist. „Beim BGS wird die ärztliche Schweigepflicht mit Füßen getreten“, so der Vorwurf des Auszubildenden.

Wegen Verletzung der Schweigepflicht hat Meyer gegen den Abteilungsarzt Strafanzeige erstattet. Dem Arzt wirft er zudem vor, ihn unter Druck gesetzt zu haben. Falls Meyer wie beabsichtigt seine Krankenakte sperren lasse, habe der Arzt mit beamtenrechtlichen Konsequenzen gedroht. Der Mediziner habe auch von ihm verlangt, daß er seine HIV-Infektion allen Kollegen offenbare. Für den Fall, daß Meyer „die Treppe runterfalle und blute“, müßten die Kollegen wegen der möglichen Ansteckungsgefahr Bescheid wissen, habe es geheißen. Auch dies ist eindeutig unzulässig. Nach gängiger Rechtssprechung ist der HIV-Infizierte durch Vertraulichkeit zu schützen. Dabei hat Meyer ohnehin den Eindruck, daß sich seine HIV-Infektion bereits herumgesprochen hat. „Kollegen reagieren komisch, wenn sie mir begegnen“, sagt der junge Mann. Hinter seinem Rücken werde er „durch den Kakao gezogen.“

Meyers Widerspruch gegen das Gutachten des Sozialmediziners blieb wirkungslos. Zwar setzte sich der Bezirkspersonalrat für ihn ein, doch ohne Erfolg. Anfang September wurde Meyer vom Grenzschutzpräsidium Ost mitgeteilt, daß das Entlassungsverfahren fortgesetzt werde. Dorothee Winden

*Name von der Redaktion geändert