Krieg der Kinder

■ Flüchtlingskinder, Aussiedlerkids und Hohenschönhauser Jugendliche reagieren ihren Frust in Straßenschlachten ab

Über der „Woche der ausländischen MitbürgerInnen“, die gestern in Hohenschönhausen eröffnet wurde, schweben nicht nur Schatten, sondern hängen dicke Gewitterwolken. Schüler der 1. Hauptschule in der Wustrower Straße rüsteten zu Straßenschlachten. Bosnische Flüchtlingskinder, Kinder von Aussiedlern aus der ehemaligen Sowjetunion und deutsche Jugendliche ließen in den vergangenen Wochen ihren Frustrationen freien Lauf. Unruhen und gewalttätige Auseinandersetzungen untereinander waren die Folge.

„Es kursierten Videos mit Aufrufen sich zu treffen, um es dem einen oder anderen heimzuzahlen. Jugendliche kamen in einen Klub mit dem Wunsch nach zwanzig Baseballschlägern“, so Karin Hopfmann vom Sprecherrat der Bürgerinitiative „Ausländische MitbürgerInnen“ (BI). Als schwierig, jedoch nicht problematischer als in anderen Ostbezirken, beschrieb gestern Brunhild Dathe, Bürgermeisterin in Hohenschönhausen, die gegenwärtige Situation. Das Ausmaß der Gewalttätigkeit muß jedoch als Alarmsignal betrachtet werden. Die Gründe für die Aggressivität seien vielfältig, so die Bürgermeisterin. „Kriegstraumatisierte Flüchtlinge sehen hier keinerlei Perspektive. Die Motivation, zur Schule zu gehen, tendiert gegen null.“

Aussiedlerkinder haben relativ gute Entwicklungschancen, leiden jedoch an Identitätsverlust. Familiäre Probleme, die durch das Zusammenprallen von Kulturen entstünden, seien mit denen in Kreuzberg vergleichbar. Konfliktverschärfend wirkt jedoch in Hohenschönhausen die menschenunwürdige Unterbringung der Jugendlichen und ihrer Familien in den Wohnheimghettos.

„Dem entgegenzusteuern verfügt der Bezirk derzeit über zu wenig Angebote“, so Brunhild Dathe. „Wir wollen die Sache jedoch nicht dem Selbstlauf überlassen.“ Zu überdenken sei zuerst, ob die Fortsetzung des Unterrichts der Flüchtlings- und der Aussiedlerkinder in speziellen Förderklassen vor der Eingliederung in die sogenannten Regelklassen der Hauptschule sinnvoll ist. Hier müsse vor allem das Berliner Landesschulamt tätig werden. Integrative Ansätze, so wie sie von der Bürgerinitiative „Ausländische MitbürgerInnen“ im Grundschulbereich praktiziert werden, sollten ausgedehnt werden.

Eine große Gleichgültigkeit unter den LehrerInnen für die Probleme ausländischer SchülerInnen beklagte dabei Kerstin Wilsch, Mitarbeiterin der BI. Verstärkte Freizeitaktivitäten seien notwendig. Der Bezirk will dazu zusätzliche Mittel aus dem Sonderprogramm „Jugend gegen Gewalt“ einfordern. Kathi Seefeld