US-Atommüll soll nach Rußland fliegen

■ US-Atomindustrie versucht, ihren Müll in Bunkern in Dagestan zu beerdigen

Dublin (taz) – Die Atomindustrie in den USA weiß nicht mehr wohin mit dem radioaktiven Müll. Für Abfälle mit geringer Strahlung gibt es im ganzen Land nur noch zwei Müllkippen, nachdem vier andere wegen Lecks geschlossen wurden. Für jeden Kubikmeter muß man inzwischen 300 Dollar berappen.

Jetzt scheint die US-Atomindustrie jedoch einen preiswerten Ausweg gefunden zu haben: Das New Yorker Unternehmen Master International Systems will das Zeug „für weniger als die Hälfte“ in die autonome russische Republik Dagestan schaffen. Dort soll es in einem unterirdischen Bunker bestattet werden, der ursprünglich für sowjetische Spitzenfunktionäre im Falle eines Atomkriegs gebaut worden war. Das geht aus dem Bericht „Waste to East“ hervor, den die irische Sektion von Greenpeace in dieser Woche veröffentlicht hat. In den USA sind hochgefährliche Materialien wie Nickel-59, Jod-129, Plutonium-241 und Niobium-94, die zum Teil eine Halbwertzeit von mehreren tausend Jahren haben, als „Abfälle von niedriger Radioaktivität“ eingestuft.

Die Firma Master hat der US- Atomaufsichtsbehörde mitgeteilt, daß der Ministerrat von Dagestan der Einfuhr von 1,3 Millionen Fässern über einen Zeitraum von vier Jahren zugestimmt habe. Das dortige Umweltministerium bestritt das, denn ebenso wie Rußland hat auch Dagestan ein Gesetz, das den Müllimport untersagt. Freilich sind erst im vergangenen Monat 70 Tonnen radioaktiver Abfälle in einer Metallfabrik 160 Kilometer südlich von Moskau aufgetaucht. Die Fässer trugen US-Etiketten.

Greenpeace berichtet, der radioaktive Müll solle künftig von Oak Ridge in Tennessee per Lastwagen zum Flughafen Bangor im US-Staat Maine und von dort mit Aeroflot-Maschinen nach Moskau – mit einer Zwischenlandung zum Auftanken auf dem westirischen Flughafen Shannon – transportiert werden. Von Moskau soll die Reise unter Regie der russischen Firma Cosmos nach Mahačkala in Dagestan weitergehen. Die US- Atomaufsicht bestätigte, daß die Firma Masters am 22. August einen entsprechenden Antrag eingereicht habe. Ein Glied in der geplanten Transportkette ist bereits gerissen, bevor die Exporte überhaupt begonnen haben: Die irische Regierung hat erklärt, daß sie die Landerechte für Shannon verweigern werde. Ralf Sotscheck