Das Exportverbot für Giftmüll wackelt

Heute entscheidet sich, ob die geplante Verschärfung der Basler Konvention gelingt. Einige Staaten, die nicht der OECD angehören, wollen weiter Giftmüll aus Industriestaaten aufnehmen  ■ Von Christian Rath

Berlin (taz) – Das geplante Verbot des Giftmülltourismus in ärmere Länder steht auf der Kippe. Heute stimmen in Genf die Vertragsstaaten der Basler Giftmüll- Konvention über eine Verschärfung des Vertragswerkes ab. Umstritten ist vor allem, für welche Zielländer das Exportverbot künftig gelten soll. Auch die deutsche Delegation hat Sympathien für den Vorschlag erkennen lassen, Exporte in Schwellenländer weiter zuzulassen. Wenn kein Vorschlag die erforderliche Dreiviertelmehrheit erhält, ist die Konferenz gescheitert und das Exportverbot in weite Ferne gerückt. Der für 1998 geplante Beginn des Verbots wäre dann nicht einzuhalten.

Im Zentrum der Konferenz steht der von Norwegen eingebrachte Vorschlag, nur noch Exporte in Staaten zu erlauben, die der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) angehören. Diese 1946 gegründete Organisation der Industriestaaten hat derzeit 25 Mitglieder, darunter die EU-Staaten, aber auch die USA, Kanada, Japan und Australien. Der norwegische Vorschlag greift eine unverbindliche „politische Willenserklärung“ der Vertragsstaaten auf, die im letzten Jahr nach langem Widerstand der Industriestaaten, insbesondere der Bundesrepublik, verabschiedet worden war.

Zahlreiche Nicht-OECD-Staaten, darunter Südkorea, Brasilien und Israel, haben nun aber kritisiert, daß sie sich nicht auf den Status von Entwicklungsländern zurückstufen lassen wollen. Sie sehen im Beitritt zur OECD eine wirtschaftspolitische Entscheidung, die nichts darüber aussage, ob ein Staat über leistungsfähige und umweltfreundliche Entsorgungsanlagen verfüge. Deshalb wurde gestern in Genf ein zweiter Vorschlag debattiert, der die Grenze nicht mehr zwischen OECD- und Nicht- OECD-Staaten zieht, sondern zwischen industrialisierten und nichtindustrialisierten Staaten. Nach einem Vorschlag Südkoreas sollte die Einstufung den Regierungen dabei selbst überlassen bleiben. „Wer aber wird sich schon freiwillig als ,nichtindustrialisiert‘ bezeichnen?“ fragt Andreas Bernstorff, der Giftmüllexperte von Greenpeace.

Die deutsche Delegation hat sich nach Informationen von Greenpeace in internen EU-Besprechungen zwar positiv über den koreanischen Vorschlag geäußert, will aber nicht aus der gemeinsamen EU-Linie ausscheren. Im Vorfeld hatten die nord- und südeuropäischen Staaten in Brüssel durchgesetzt, daß die Union geschlossen den norwegischen Vorschlag unterstützen wird. Um die Basler Konvention zu ändern, müßten heute 69 der 92 Vertragsstaaten einem der beiden Vorschläge zustimmen.

Sollte es zu keiner Verschärfung der Basler Konvention kommen, wäre dies ganz nach dem Geschmack der USA, die die Basler Konvention bisher nicht unterzeichnet haben. Im Land der unbegrenzten Möglichkeiten sieht die mächtige Entsorgungslobby auch Giftmüll vor allem als Wirtschaftsgut, das nach den Gesetzen der Arbeitsteilung dort gelagert oder aufbereitet werden soll, wo es am günstigsten ist. Die Basler Konvention geht dagegen von der weitgehenden Giftmüll-Autarkie der Staaten aus. Schon in der derzeit geltenden Fassung wurden deshalb Exporte deutlich erschwert.