: Heute purzeln die ersten Kruzifixe in Bayern
■ Verwaltungsgerichtshof: Zwei Schulen in der Oberpfalz müssen Kreuze abhängen
München (taz) – Nun muß das Kruzifix doch von der Schulwand. Da hilft auch die am Samstag geplante Großdemonstration aufgebrachter Kruzifix-Befürworter in München nichts mehr. Rund sechs Wochen nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ordnete der Bayerische Verwaltungsgerichtshof gestern in einem Eilverfahren das Entfernen der Kreuze aus zwei Klassenzimmern an, in denen die Kinder der oberpfälzischen Klägerfamilie unterrichtet werden. Die Richter betonten, sie seien an die vorangegangene Entscheidung Karlsruhes gebunden. Zugleich erklärten sie, ihre Anordnung gelte zunächst bis zu einer noch ausstehenden Entscheidung in der Hauptsache.
Von dem Beschluß sind eine Volksschule und eine Realschule in der Oberpfalz betroffen, die von den drei 13- bis 16jährigen Kindern des Klägerpaars besucht werden. Die Eltern waren mit ihrem Widerstand gegen das staatlich verordnete Aufhängen von Kreuzen in bayerischen Pflichtschulen bis vor das Bundesverfassungsgericht gezogen. Dieses hatte am 10. August in einem anschließend heftig diskutierten Urteil die bayerische Schulordnung aufgehoben, der zufolge in jedem Klassenzimmer ein Kruzifix hängen muß. Nach Meinung der Bundesrichter verstößt diese Bestimmung gegen die grundgesetzlich geschützte Religionsfreiheit.
Der bayerische Kultusminister Hans Zehetmair erklärte in einer ersten Stellungnahme, der Beschluß komme nach der Karlsruher Entscheidung nicht überraschend: „Das Ministerium wird diese Entscheidung befolgen.“ Allerdings werde es keine „kreuzfreien“ Schulen in den betroffenen oberpfälzischen Gemeinden geben. Immerhin habe das Gericht ausdrücklich darauf hingewiesen, daß der Beschluß nur für die Klassenzimmer gelte, in denen die drei Kinder der Klägerfamilie ständig unterrichtet würden. Und Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber wertete die Verfügung als Bestätigung dafür, daß ein bayerisches Kruzifix-Gesetz zum Ausgleich von Konflikten dringend notwendig sei. Klaus Wittmann
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen