Schlickwette am Torfhafen

■ Am Sonntag wird die „Windwelle“-Skulptur im Findorffer Torfhafen verankert, ein maritimes Kunststück von und für alle

Eigentlich ist Herr Osmers ja „kein Freund spontaner Entscheidungen“. Aber an einem Punkt wird der Mann, der in ganz Bremen quasi als der Inbegriff des Sanitärfachhandels gilt, doch immer wieder schwach. Wenn es um die „Windwelle“ geht, läßt Osmers alle Kalkulation fahren und knöpft die Geldbörse und die Herzen auf. Denn die „Windwelle“ weckt nun mal Leidenschaft. Die von Herrn Osmers, der als Geschäftsmann das nötige Kleingeld für das Kunstprojekt herbeischaffte; die von Herrn Abt und Herrn Dalar, beide gestandene Schlosser, die die stählerne „Windwelle“ bei der Lürssen-Werft liebevoll zusammenschraubten; die von 40 bis 50 Leuten aus Bremen & umzu. Alles „Fans“, sagt derjenige, der die Leidenschaft entfachte: Wilhelm Maria Thein, Bildhauer und Schwärmer. Und am nächsten Sonntag der glücklichste Mensch von Findorff – wenn seine „Windwelle“, nach fünf Jahren zähen Ringens, tatsächlich im Torfhafen vor Anker geht.

Denn die „Windwelle“ hat schon so einiges durchgemacht. Eigentlich sollte das maritime Kunststück ja im Emmasee andocken. Zum 125. Geburtstag des Bürgerparks hätte das doch prima gepaßt, fand Thein. Nicht so der für Bremens Grünanlagen zuständige Denkmalspfleger. Bloß keine neue Kunst im altehrwürdigen Bürgerpark. Schon gar keine abstrakten Gebilde wie Theins stilisiertes Segelboot.

Thein fand naheliegenden Ersatz: den ausgedienten Torfhafen, unweit seines Findorffer Ateliers. Weit und breit kein Denkmalspfleger, dafür aber Dutzende von Anliegern, die Theins Traum zu dem ihren machten.

Deutlich spiegelt sich jetzt Stolz im Gesicht von Herrn Osmers. „Vier Jahre lang habe ich das Projekt begleitet“, sagt er. Hat dicke Rechnungen selbst bezahlt, ist unter den Findorffer Geschäftsleuten mit dem Klingelbeutel rumgegangen. Bei Herrn Riepshoff zum Beispiel, von Haus aus Absatzleiter bei den Stadtwerke AG und somit nicht automatisch der Kunst zugeneigt. Jetzt will er am liebsten gleich den ganzen Torfhafen samt „Windwelle“ „zum Industriedenkmal machen“, mit direktem Bürgerparkanschluß, sowieso.

Auch Herr Tschira ließ sich anstecken. Er ist sogar länger als selbst Herr Osmers mit dabei, und zwar mit der Kamera. „Ich bin ja Pensionär“, sagt Herr Tschira; da hatte er Zeit, das mähliche Werden der „Windwelle“ zu begleiten und getreulich zu dokumentieren. Sechs Stunden hat er schon zusammen, „das müssen wir bis Sonntag noch alles auf 15 Minuten zusammenschneiden“, aber Herr Tschira hat Übung, soviele Urlaubsfilme, wie er schon gemacht hat. Was ihn so für die „Windwelle“ einnimmt? „Wer will“, sagt Tschira mit Tiefgang in der Stimme, „kann sich was dabei denken und ganz kontemplativ rangehen.“

Beim Probelauf, letzten Mittwoch im Torfhafen, durfte Herr Tschira natürlich nicht fehlen. Überhaupt waren sie alle da. Herr Osmers, Herr Riepshoff, die Lürssen-Crew, Herr und Frau Thein und ein mächtiger Autokran samt mächtiger Autokranbesatzung. Und wie es sich für eine Generalprobe gehört, ging sie gründlich schief. Die ausgetüftelte Ankerkonstruktion, die dafür sorgen soll, daß die „Windwelle“ nicht haltlos auf dem Teich umhertreibt, ging einfach nicht vor Anker. Grund: Ein dicker Schlammteppich am Boden des Torfhafens; Altlasten aus einer Zeit, als die Bremer Ent-sorgungsbetriebe den Teich als Überlaufbecken benutzten. „Eine Schweinerei; das müssen die eigentlich selbst wegmachen“, flucht Herr Riepshoff. Aber vorerst bleibt der Dreck, und die Windwelle blieb drin stecken.

Thein wäre kein echter Träumer, wenn ihn sowas aus der Ruhe bringen würde. Und Herr Abt und Herr Dalar wären keine echten Schiffsschlosser, wenn sie bis Sonntag nicht eine neue, passende Ankerkonstruktion zusstandekriegten. „Zur Not müssen wir ausbaggern“, sagt Thein, inzwischen wieder voll optimistisch. Und Herr Osmers weiß sicher schon, wie man die Froschmänner finanziert. tw

„Windwellenfest“ am Sonntag, 24.9., am Torfhafen Findorff; ab 9 Uhr: Aufbau des Kunstwerks mit Musikbegleitung; 12 Uhr: offizielle Übergabe; 12.30 Uhr: Feier mit der Big Band des TV Grambke