■ Auf das Ergebnis kann Shimon Peres stolz sein
: „Bantustan Palästina“

Wer als Europäer jemals auf einem orientalischen Bazar mit Ausdauer und Hartnäckigkeit den Preis einer Silberkette oder einer Wasserpfeife um 30 Prozent gedrückt hat, schätzt sich überglücklich und ist stolz auf sein Verhandlungsgeschick. Meist kann jedoch der Händler weitaus zufriedener sein, hat er doch gewöhnlich um etliche Prozente besser abgeschnitten als der Käufer.

Die israelisch-palästinensischen Verhandlungen übertreffen aber das Gefeilsche auf einem solchen Bazar. Nicht zuletzt, weil in Taba mit geradezu selbstzerstörerischem Eifer verhandelt wurde, die Nächte hindurch, so daß sogar einer der Verhandlungsführer einen Zusammenbruch erlitt und von seinem Kontrahenten persönlich ins Krankenhaus begleitet wurde.

Aber in Taba ging es ja auch nicht um Wasserpfeifen und Silberketten. Zur Verhandlung stand das Zusammen- oder auch Getrenntleben zweier Völker, die sich über Jahrzehnte bekriegt haben. Da ist keine Kleinigkeit zu unwichtig, als daß sie nicht auch noch bis aufs I-Tüpfelchen hätte austariert werden müssen. Das Verhandlungswerk, Teil Zwei des Autonomieabkommens, ist 600 Seiten schwer und von erdrückender Last. Und das im buchstäblichen Sinne.

Das Gute zuerst: Die israelische Armee wird sich aus den Städten, den Flüchtlingslagern und schließlich den Dörfern zurückziehen. Und Wahlen zu einem palästinensischen „Parlament“ wird es auch geben: Schöne neue Autonomie. Aber: Die Kontrolle über alle großen Verbindungsstraßen und die Sicherheit der Siedlungen, einschließlich jener in Hebron, liegt weiterhin in den Händen der israelischen Armee oder Polizei. Die Westbank wird in gut kontrollierbare Kantone zerlegt. „Bantustan Palästina.“ Die Palästinenser werden jetzt von der eigenen Polizei und den Israelis kontrolliert. Eine Menge Genehmigungen, eine Menge Schreiberei, eine Menge Lauferei.

Mehr Freiheit, mehr Frieden, wirtschaftlicher Wohlstand – lauteten die Versprechungen von Oslo im September 1993. Jetzt werden die Kritiker des Abkommens damit vertröstet werden, daß Verhandlungen über den endgültigen Status ja erst noch bevorstehen. Nur steht zu befürchten, daß Arafat dann auch nicht besser dastehen wird als ein Europäer, der mit den Gepflogenheiten des orientalischen Bazars halt nicht gut genug vertraut ist. Die Palästinenser könnten bei den ersten freien Wahlen ihrem designierten Präsidenten aber auch einen Warnschuß vor den Bug setzen. Georg Baltissen