Uganda gibt sich einen starken Staat

■ Gestern sollte eine neue Verfassung beschlossen werden – ohne legale Parteien

Kampala (taz) – Ugandas Verfassungsgebende Versammlung ist gestern zu ihrer wichtigsten und womöglich letzten Sitzung zusammengetreten: Auf der Tagesordnung stand die endgültige Annahme der neuen Verfassung des ostafrikanischen Landes, an der die über 260 Delegierten etwa eineinhalb Jahre lang gearbeitet hatten. Damit soll der endgültige Schlußstrich unter die von Terrorregimen und blutigen Bürgerkriegen geprägte Vergangenheit Ugandas gezogen werden.

Unumstritten ist die Verfassung nicht. Beobachter weisen darauf hin, daß zahlreiche Bestimmungen sehr stark auf die Person des Staatschefs Yoweri Museveni zugeschnitten sind. Der Regierung werden im Zusammenhang mit der Beschneidung von Bürgerrechten und Kompetenzen untergeordneter Institutionen große Vollmachten eingeräumt.

Auf Kritik stößt bei Oppositionellen und Geberländern, daß zumindest vorläufig keine Parteien zugelassen werden. Als Grund gibt die Regierung gern die Notwendigkeit der nationalen Einheit in der jetzigen Wiederaufbauphase Ugandas an. „Wir haben keine Angst vor dem Mehrparteiensystem“, erklärt Informationsminister Paul Etiang. „Wir sagen lediglich, daß die Zeit dafür in Uganda noch nicht reif ist.“ Für Frühjahr 1996 sind Präsidentschaftswahlen geplant, und erst vier Jahre danach wird die Bevölkerung in einem Referendum entscheiden, ob die „Nichtparteienpolitik“ von Musevenis „Nationaler Widerstandsbewegung“ (NRM) fortgesetzt oder Parteien zugelassen werden sollen. Die NRM, die 1986 aus einem langen Bürgerkrieg als Sieger hervorging, gilt laut Verfassung nicht als „Partei“.

„Das System erlaubt keine Opposition, deshalb kann das System nicht demokratisch sein“, meint dazu Cecilia Ogwal vom oppositionellen „Ugandischen Volkskongreß“ (UPC). „Warum sollte ich eine Verfassung respektieren, die meinen Interessen nicht Rechnung trägt? Ich muß gezwungen werden, wenn ich dieser Verfassung gehorchen soll.“ Konkreter möchte die Politikerin nicht werden. Sie betont allerdings, daß sie den bewaffneten Kampf gegen die herrschende NRM ablehnt. Es ist fraglich, wieviel Unterstützung der UPC in der Bevölkerung findet: Zu einer Demonstration im Zentrum der Hauptstadt Kampala gegen die Verfassung in ihrer jetzigen Form brachte der oppositionelle „Kreuzzug für eine verfassungsgemäße Herrschaftsform“ vor wenigen Tagen gerade elf Männer und eine Frau auf die Beine. Selbst diese Minikundgebung sprengte allerdings den Toleranzrahmen des Staatsapparates – sie wurde von der Polizei aufgelöst.

Obwohl die Parteien offiziell nicht zugelassen sind, wird ihre Existenz stillschweigend geduldet. Die beiden größten, der UPC und die „Demokratische Partei (DP), planen die Aufstellung eines gemeinsamen Kandidaten für die Präsidentschaftswahl. Aussichtsreicher Bewerber dafür ist Paul Ssemogerere von der DP, bis vor kurzem noch Außenminister unter Museveni. Von einem Sieg der Opposition in Höhe von „70 bis 75 Prozent“ sei sie überzeugt, behauptet Cecilia Ogwal. Diplomaten und ausländische Geschäftsleute vertreten dagegen die Ansicht, daß gegen Yoweri Museveni keiner eine Chance habe.

Der ehemalige Guerillaführer und heutige Staatschef kann auf eine Reihe von Erfolgen zurückblicken: Abgesehen vom Kampf der Armee gegen eine kleine Rebellengruppe im Norden des Landes herrscht in Uganda Frieden. Das Wirtschaftswachstum liegt bei zehn Prozent. Von einem Wirtschaftswunder kann allerdings keine Rede sein. „Wenn man ganz unten anfängt, ist man schnell bei hohen Wachstumsraten“, meint Finanzminister Mayanja Nkangi. Die Regierungszeitung New Vision kommentierte kürzlich: „Tatsache ist, daß die realen Lebensbedingungen der Ugander immer noch 23 Prozent schlechter sind als vor 25 Jahren. Es geht ihnen 20 Prozent besser als 1986, aber infolge des Bevölkerungswachstums und der politischen Anarchie der Vergangenheit können sie froh sein, wenn sie im Jahr 2000 denselben Lebensstandard erreicht haben, den sie 1970 hatten.“

Die mühsam erreichte Stabilität ist leicht zu bedrohen. Im Norden hemmt die wachsende Zahl von Minen, die angeblich von Sudan an Rebellen geliefert werden, die Wirtschaft. Die Militärpräsenz mußte verstärkt werden, die Verteidigungsausgaben sind dieses Jahr gestiegen. „Die stabilen Verhältnisse stehen und fallen mit der Person Museveni“, sagt ein europäischer Geschäftsmann. „Wenn ihm etwas zustößt, ist die Zukunft völlig offen.“ Bettina Gaus