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Heilige Stadt, geteilte Stadt

■ In Hebron wollen Palästinenser und jüdische Siedler voneinander nichts wissen

Hebron (taz) – Der Kontrollposten im Stadtzentrum heißt bei den Palästinensern „Checkpoint des Todes“. Vier Jugendliche sind dort bei Auseinandersetzungen mit israelischen Soldaten in den vergangenen Monaten getötet worden. Für die 400 jüdischen Siedler in der Innenstadt ist der Checkpoint dagegen ein Symbol ihrer Sicherheit. Hebron ist die einzige palästinensische Stadt, in der sich Siedler mitten im Zentrum niedergelassen haben. „Ich werde erst glauben, daß es Frieden gibt, wenn wir diesen Checkpoint und alle anderen losgeworden sind“, sagt Akram, ein palästinensischer Jugendlicher, der im Schuhgeschäft seines Vaters arbeitet. Der Laden ist einer der wenigen, der noch geöffnet hat. Die Kontrollen der Siedler haben viele Geschäftsleute im Zentrum aufgeben lassen. Der Schuhladen liegt eigentlich in der „Straße des Friedens“ – aber auf manchen Schildern steht „König-David- Straße“, denn hier sind zwei Häuser von jüdischen Siedlern bewohnt.

Nachdem der Siedler Baruch Goldstein im Februar 1994 29 betende Palästinenser in einer Moschee in Hebron tötete, wurden die Sicherheitsmaßnahmen verstärkt – zum Schutz der Siedler. Straßen, die in das Siedlerviertel führen, wurden gesperrt. Der zentrale Busbahnhof wurde in ein Militärlager verwandelt. Die palästinensische Bevölkerung hat ihr Stadtzentrum verloren.

„Es wird keinen Frieden geben, solange das Problem von Hebron nicht gelöst ist“, sagt der Arzt Abdul Hafiz Al-Ashab, der auch Minister für Post und Kommunikation ist. „Und es wird keine Lösung geben, solange die Siedler in Hebron bleiben. Die sind wie eine Zeitbombe.“ Demnächst wollen palästinensische Organisationen und unabhängige Persönlichkeiten aus Hebron ein Treffen abhalten, um die Forderungen der Einwohner zu formulieren: „Hebron ist eine palästinensische Stadt. Die Siedler müssen umgesetzt werden, und die israelischen Truppen müssen sich aus der Stadt zurückziehen.“ „Wenn die Palästinenser nicht mit uns leben wollen, dann können sie ja gehen“, sagt dagegen Eli Heatzni, ein jüdischer Rechtsanwalt in der Siedlung Kiriat Arba bei Hebron lebt, deren 6.500 Einwohner teilweise ausgesprochen militant sind. „Judäa und Samaria gehören zu Eretz Israel. Und Israel umfaßt heute nur ein Viertel unserer historischen Heimat. Die Heimat der Palästinenser ist Jordanien.“

Hebron ist für Juden und Muslime eine heilige Stadt. Und so wird sie auch nach der Unterzeichung des neuen Autonomieabkommens für das Westjordanland ein Krisenherd bleiben. Khalil Abied

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