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: Graps Botschaft

„Tut er's oder tut er's nicht?“, Samstag, 20.15 Uhr, RTL

Klaus-Peter Grap ist 36 Jahre alt. Er moderiert eine neue, schnelle Spielshow am Samstagabend – dann, wenn sie die McDonald's-Spots zeigen. Manche meinen, Grap sei ein Master. Aber die täuschen sich. Bei ihm werden die Kandidaten ins Bild gerückt. Kein spontaner Schwenk zu einer seiner Falten. Keine hastige Regieaktion, die ihn meint. Nicht mal ein Mikrofon darf er tragen. Grap ist eben auch nur da.

Früher durfte der wahre Master noch Persönlichkeit simulieren. Mal fragte er die Studioregie, wo seine haarige Assistentin bleibe, mal küßte er eine Oma aus der ersten Reihe. Dann wieder stolperte er, forever young, über ein Kabel. So war das damals. Der Master war die Message. Heute scheint das anders zu sein. Klaus-Peter Grap schichtet zwei Dutzend Zuschauer auf dem Boden in vier Lagen übereinander, damit ein Motorrad über sie hinwegsausen kann. Schon ist ein ziemlich wilder Mann auf einer Cross-Maschine zu sehen. Der knattert viel. Los geht's. Und es braucht alle Aufmerksamkeit der Welt, um in der Totalen zu erkennen, daß auch Klaus-Peter Grap opferbereit auf dem Zuschauerstapel liegt. Der Master ist bereit, für eines seiner bösen Spiele zu sterben. Das ist neu, unbekannt und folgenreich.

Zuschauern werden Würgeschlangen um den Hals gelegt, sie werden abgewogen, ihre Haare werden gefärbt und sie werden mit dem Motorrad überfahren. Kandidaten, unsere Alter egos, werden als bumsfidele Alkoholiker geoutet – oder als Sadisten, die junge Rugby- Spieler mit Hilfe einer Mörder- Rutsche in den Tod schicken wollen. Vor versteckter Kamera werden harmlose Passanten zu Straftaten angeleitet oder bitter in ihrem Schamgefühl verletzt. Selbst brave Kinder werden zum Lügen gebracht. Das ist white trash, wie wir ihn kennen. Aber neu ist, daß sich der Master selbst die Boa um den Hals legt, die Haare färbt, sein Leben unter Rädern riskiert.

Nicht mehr der Master oder gar der TÜV – die Spielregeln und deren Autoren im Jenseits beherrschen die Show. Wir müssen nur bekunden, daß wir bereit sind, für die neuen Herren zu sterben – und zwar wir alle, die Studiogäste, die Kandidaten, die Zuschauer, die Passanten auf den Straßen – und auch der Master. Das ist Graps Botschaft: Im Anfang war der Gehorsam. Marcus Hertneck