Wer eine Insel hat, braucht auch einen Hubschrauber

■ Charles Haughey, eines der Symbole der irischen Plutokratie, liebt es prunkvoll

Keiner hat es in der irischen Politik so weit gebracht wie er — zumindest was die persönlichen Finanzen angeht. Charles Haughey hat als Buchhalter angefangen, bevor er 1951 Politiker wurde. Als er sich 40 Jahre später wegen einer Abhöraffaire zur Ruhe setzen mußte, war er einer der reichsten Männer Irlands. Woher sein Reichtum kam, hat er niemandem verraten. Für seine Anhänger trug das zu seinem Charisma bei, für seine Gegner war das ein weiterer Grund, ihm zu mißtrauen.

Haughey hatte 1951 Maureen Lemass geheiratet, deren Vater 1959 Premierminister wurde. Damit begann auch Haugheys steiler Aufstieg: Der Schwiegervater machte ihn erst zum Staatssekretär, dann zum Justizminister. 1970 kam seine Karriere vorübergehend ins Stottern, weil er angeklagt wurde, Waffen für die IRA nach Nordirland geschmuggelt zu haben. Zwar wurde er freigesprochen, seinen Ministerhut mußte er dennoch nehmen. Mühsam erkämpfte er sich den verlorenen Boden zurück und stand neun Jahre später endlich dort, wo er, wie er schon am Tag der Hochzeit prophezeit hatte, hingehörte: an der Spitze der Regierung.

Wenn er auch bis heute ein Geheimnis aus der Quelle seines Reichtums gemacht hat, so hat er das Geld stets gerne ausgegeben. Ende der sechziger Jahre kaufte er sich einen Landsitz im Norden Dublins, der vom berühmten Architekten Gandon entworfen worden war — mitsamt der stilvollen Möblierung. Man sah Haughey oft im Stile des Gutsbesitzers hoch zu Pferde auf der Fuchsjagd, vor sich die kläffende Hundemeute. Der Ex-Premier sammelt noch heute Rassepferde. Eins davon, Flashing Steel, hat in diesem Jahr das irische Grand National gewonnen.

Und er sammelt Porträtgemälde, vorzugsweise von sich selbst. Damit beauftragt er gerne den linken Künstler Bobby Ballagh, der übrigens auch die irischen Geldscheine entworfen hat. Ob er dessen Kunst aus diesem Grund so gerne mag? Genügend Wände für die Bilder hat er jedenfalls: In den achtziger Jahren kaufte er sich eine Insel vor der irischen Westküste und ließ darauf ein Prunkhaus errichten. Und weil es sich um eine Insel handelt, braucht man auch noch einen Hubschrauber.

1989 finanzierte Haughey seinem Sprößling Sean den Wahlkampf um einen Abgeordnetensitz. Dieser organisierte reihenweise Kaffeekränzchen, die allesamt in Kneipen stattfanden und in Besäufnissen endeten. Der Spaß kostete über eine halbe Million Mark, und das war mehr als manch andere Partei für den gesamten Wahlkampf zur Verfügung hatte. Doch der Einsatz zahlte sich nicht aus: Sean Haughey fehlten 1.500 Stimmen. Zum Trost — und wohl aus Angst vor dem Alten — ernannte man ihn zum Bürgermeister Dublins.

Um Haughey und seine Eskapaden ranken sich zahllose Legenden. Einmal soll er in voller Bekleidung in die Liffey gesprungen sein, weil eine gute Bekannte ihre Krokodillederhandtasche, ein Geschenk Haugheys, nach einem Streit in den Fluß geworfen hatte.

Inzwischen ist es ruhiger um Haughey geworden. Vor zehn Tagen feierte er seinen 70. Geburtstag. Und am vergangenen Donnerstag lud er zum Tee auf dem gepflegten Rasen seines Landhauses. Der Erlös kam der Alzheimer-Gesellschaft zu. „Er gehört zu den wenigen Männern, denen man nah sein möchte“, schrieb die Feministin Mary Cummins, die beim wohltätigen Teegelage dabei war, „denen man zuhören will und mit denen man auf eine lange Reise gehen möchte. Vergeßt Paul Newman.“ Ralf Sotscheck, Dublin