Mitglieder belauschen

■ FDP läutet Mitgliederentscheid zum Großen Lauschangriff ein

Bonn (taz) – Unter dem Motto „Basis 95“ sollen bis Mitte Oktober alle FDP-Mitglieder die Unterlagen für den Mitgliederentscheid zum Großen Lauschangriff erhalten und parteiintern entscheiden, ob die FDP dem Lauschangriff zustimmen soll oder nicht. Dann haben sie bis Anfang Dezember Zeit, sich ihre Meinung zu bilden. FDP- Parteivorstand und -Präsidium haben gestern sowohl den auf blauem Papier gedruckten Antrag A für die Abhörmöglichkeit von Privatwohnungen als auch den auf gelbes Papier gedruckten Antrag B der Lauschangriffgegner unverändert übernommen.

In dem von Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger und dem Innenpolitiker Hirsch formulierten Antrag der Gegner des Lauschangriffs heißt es: „Der freiheitliche Rechtsstaat darf und kann auf die Gefahren für die innere Sicherheit und den inneren Frieden nicht mit allen Mitteln, besonders nicht mit solchen Mitteln, reagieren, die ihrerseits die Grundlage für seine Freiheitlichkeit und Rechtsstaatlichkeit zerstören.“ Nach ihrer Argumentation ist der Große Lauschangriff mit dem Grundgesetz nicht vereinbar. Das „liberale Grundrecht auf Privatheit“ würde damit abgeschafft.

Der Antrag der Befürworter wurde von den Rechtspolitikern Lanfermann und van Essen ausgearbeitet. Sie begründen ihre Haltung damit, daß bei organisiertem, international operierendem Verbrechen „die klassischen Mittel der Verbrechensbekämpfung“ versagten. Dem „durch das organisierte Verbrechen bedrohte Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit, Leben, Eigentum und wirtschaftliche Betätigungsfreiheit der Bürger“ sei genauso wichtig wie das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung.

FDP-Generalsekretär Guido Westerwelle lobte gestern die Aktion als „Stärkung der innerparteilichen Demokratie“. Er geht fest davon aus, daß sich mehr als 25 Prozent der 83.000 Mitglieder an dem Entscheid beteiligen. Dann ist das Ergebnis bindend. Karin Nink