■ Mit dem Erdöl auf du und du
: Zu viel, zu billig

Puerto la Cruz/Berlin (AFP/ taz) – Weil die ölproduzierenden Staaten seit Jahren den Hals nicht voll kriegen können, liegen die Ölpreise darnieder. Daran wird auch die 4. Internationale Energiekonferenz im venezolanischen Badeort Puerto la Cruz nichts ändern. In der Stadt, 220 Kilometer von Caracas entfernt, treffen sich seit Montag Vertreter von 45 erdöl- und erdgasproduzierenden Ländern, unter ihnen 30 Minister aus den Ressorts Energie, Industrie und Handel. Auch Vertreter aus ölimportierenden Ländern sind nach Venezuela gekommen. Die Konferenz wird von der Opec, der EU und Rußland veranstaltet.

Weil man sich kurzfristig über preisstützende Maßnahmen kaum einigen wird, geht es bei dem Treffen vor allem um langfristige Perspektiven. Venezuelas Präsident Rafael Caldera verlangte, an den Entscheidungen über weltweite Energiestrategien müßten künftig Erddölproduzenten und -konsumenten gleichermaßen mitwirken. Der EU-Kommissar für Energie, Christos Papoutsis, sagte, es sei notwendig, die vorhandenen Energieressourcen verantwortungsvoller zu nutzen und dem Umweltschutz mehr Rechnung zu tragen. Von russischer Seite wurde unterdessen ein „permanenter Dialog“ zwischen den wichtigsten Erdölproduzenten gefordert, um für ausgeglichene Marktanteile im Sinne der Konsumenten zu sorgen. Rußlands Regierung will Konfrontationen vermeiden und statt dessen gemeinsam an der Entwicklung im Erdölsektor zu arbeiten.

Hinter all den wohlgesetzten Worten verbergen sich zwei grundsätzliche Konflikte. Zum einen haben ölproduzierende Nicht-Opec-Staaten in den vergangenen Jahren große Teile des Weltölmarktes erobert und dabei die Preise gedrückt. Norwegens Energieminister Jens Stoltenberg hatte erst in der vergangenen Woche angekündigt, daß sein Land in Zukunft noch mehr Öl und Gas fördern will. Das Wall Street Journal schätzt die norwegische Förderung auf künftig drei Millionen Barrel (159 Liter) am Tag.

Innerhalb der Opec verletzt gerade Gastgeber Venezuela die internen Opec-Produktionsquoten, die die Organisation zur Preisstützung vereinbart hat. Der venezolanische Energieminister Erwin Arrieta startete in Puerto la Cruz einen Gegenangriff. Er warf zahlreichen Staaten, darunter EU-Mitglieder, vor, hohe Einfuhrzölle auf Erdöl zu erheben. Die EU, die täglich etwa neun Millionen Barrel Öl einführt, ist weltweit der größte Erdölimporteur.

Venezuela hat als achtgrößter Produzent 1994 täglich 2,6 Millionen Barrel Erdöl gefördert. Das „schwarze Gold“ macht 75 Prozent des venezolanischen Exportgeschäfts aus. Weltweit wichtigster Erdölproduzent ist Saudiarabien, gefolgt von den USA, Rußland, Iran, Mexiko, China und Norwegen. ten