Lebenslang für RAF-Gefangene

■ Das Stuttgarter Oberlandesgericht verurteilt Sieglinde Hofmann wegen der Schleyer-Entführung im Herbst 1977

Berlin (dpa/taz) – Die RAF-Gefangene Sieglinde Hofmann wurde gestern vom Oberlandesgericht Stuttgart zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Der 5. Strafsenat bezeichnete die 50jährige Arzthelferin als mitschuldig an der Entführung und Ermordung von Arbeitgeberpräsident Hanns Martin Schleyer und seiner vier Begleiter im Herbst 1977. Darüber hinaus habe Hofmann zu einem Kommando gehört, das im Juni 1979 ohne Erfolg einen Sprengstoffanschlag auf den damaligen Nato-Oberbefehlshaber Alexander Haig versucht hatte.

Das Gericht bezog in das Urteil eine 15jährige Freiheitsstrafe ein, die das Oberlandesgericht Frankfurt gegen das RAF-Mitglied bereits 1982 verhängt hatte. Hofmann war damals wegen der eingeschränkten Auslieferungsbedingungen nach ihrer Festnahme 1980 in Frankreich nur wegen der versuchten Entführung des Bankiers Jürgen Ponto im Sommer 1977 und der Mitgliedschaft in der RAF verurteilt worden. Ohne die erneute Anklage wäre sie im Frühjahr aus der Haft entlassen worden.

In dem Prozeß stützte sich die Bundesanwaltschaft vorwiegend auf die Aussagen des früheren RAF-Mitgliedes Peter Jürgen Boock und der 1990 in der DDR festgenommenen RAF-Aussteiger Werner Lotze und Silke Maier- Witt. Hofmann habe während ihrer Zeit in der RAF von 1977 bis zu ihrer Festnahme am 5. Mai 1980 als führendes Mitglied an drei Kommandoaktionen – neben Ponto noch an der Schleyer-Entführung und dem Haig-Attentat – teilgenommen. Sie gehöre „nach wie vor zum harten Kern der RAF“. Hofmann sei eine „engagierte Verfechterin der Politik des bewaffneten Kampfes“.

Nach Auffassung des Gerichts war Hofmann bei der Entführung Schleyers in Köln am 5. September 1977 zusammen mit den RAF-Mitgliedern Boock, Willy Peter Stoll und Stefan Wisniewski am Tatort und schoß eigenhändig auf Schleyers Begleiter. Von insgesamt 107 Schüssen habe sie 39 aus einem Schnellfeuergewehr auf Schleyers Fahrer und drei Polizeibeamte abgegeben.

Im Verlauf der sechswöchigen Entführung, mit der die RAF elf inhaftierte Mitglieder freipressen wollte, habe sie Schleyer zusammen mit Wisniewski nahezu ununterbrochen in den Verstecken im nordrhein-westfälischen Erftstadt- Liblar, in Den Haag und in Brüssel bewacht. Bei der Erschießung des Arbeitgeberpräsidenten am 18. Oktober 1977 sei sie aber nicht unmittelbar am Tatort gewesen. wg