Die schlechte Welt

■ Ordentlich Kruzifixe umdrehen und Hippies erschrecken mit Black Sabbath

Als das Quartett aus Birmingham 1969 auftauchte, gruselte es die Hippies aller Länder aus deren Träumen von Glück, weichen Drogen und von Liebe erfülltem Zusammenleben heraus. Black Sabbath kündeten in ihren Songs davon, was die Kinder der 60er-Jahre in den 70ern erwarten sollte: mehr als eine Ahnung von Wahnsinn und Bedrohung. Der Schrecken füllte die Egos aus, welche sich von Enttäuschungen angekratzt auf eine lange dämmernde Katerstimmung einstellen mußten.

Einige Gruppen der Sechziger, nicht nur die Doors, haben davon berichtet, wie sich gegen Ende des Jahrzehnts eine Endzeitstimmung ausbreitete. Black Sabbath beschrieben dieses Ende. Wo früher eine Frau, die in das Leben eines Mannes eintrat, den Anlaß dazu gab, einen verheißungsvollen Song zu schreiben oder wenigstens munter singend die Nöte mit der Liebe zusammenzufassen, da keifte der Sabbath-Sänger Ozzy Osbourne: „Finished with my woman 'cause she couldn't help me with my mind.“

Wie nicht wenige Männer war auch Osbourne bereit, es an alle großen Glocken und umgedrehten Kreuze zu hängen, wenn es ihm mal nicht so gut ging. Nach ihrem Welthit „Paranoid“ schrieben Black Sabbath deshalb auch weiter Lieder, die sich heute ausnehmen, wie eine Bestätigung des Behaviorismus: Dem von der Frau alleingelassenen männlichen Mitmenschen geht es nicht gut, weil die von Schlechtigkeiten durchdrungene Umwelt ihm das Schlechtgehen nahelegt. Das Bewußtsein ist auf Grund der Erlebnisvöllerei während der 60er-Jahre fast vollständig ausgeschaltet. Das Verhalten ist zum bloßen Reagieren verdammt. Schlechte, geile Aussichten für 1970ff.

In „Sweet Leaf“ erzählt Osbourne die Geschichte davon, wie er gewissermaßen den Bach runtergeht, ihm die Sinne schwinden und sich die Sinne dann gegen ihn wenden. Das zäh dräunende Stück geht nach einer Weile in einen rockenden Mittelteil über. In dem Lied ist alles drin: Die Passionsgeschichte des Opfers, das schon zu schwach sein mag, um noch zu sagen, was es einstmals wollte oder was es noch will. Das schwache Opfer hat aber noch die Kraft, ein paar Kruzifixe umzudrehen, und so zu bedeuten, das aus den Versprechen der gerade verwehten Hippie-Jugendkultur nichts als pervertierte Religion geworden ist.

Für den wahren Glauben der ehrlichen Haut allerdings ist als gitarrespielender Geschäftsführer bei Black Sabbath Toni Iommi bis heute zuständig.

Kristof Schreuf

Mo., 2.10., 20 Uhr, Docks (als Vorgruppe spielt die Metal-Band Tiamat)