Bremen vorneweg
: Leberrundumblick

■ Zentrum für Medizindiagnostik eröffnet

Wie sehr hatten sich ChirurgInnen immer gewünscht, sich das kranke Organ schon vor der Operation anzuschauen. Dann hätten sie genügend Zeit, zu überlegen, wie sie einen Tumor möglichst organschonend entfernen könnten. Diesen Traum erfüllt jetzt das Zentrum für Diagnosesysteme und Visualisierung (MeVis) der Universität Bremen. Gestern wurde das Zentrum eröffnet.

Seit zwei Jahren arbeiten Bremer InformatikerInnen mit Marburger MedizinerInnen zusammen, um die Diagnose und Therapie verschiedener Krebsarten zu verbessern. „Wir haben uns zufällig getroffen, wie sollte es bei einem Chaosforscher anders sein“, erzählt Prof. Dr. Heinz-Otto Peitgen, Geschäftsführer von MeVis. Ein ähnliches Forschungsprojekt gibt es nur noch an der Uni Chicago. Zusammen mit Prof. Dr. Klaus Jochen Klose, Direktor der Uniklinik Marburg, haben die MeVis-MitarbeiterInnen zum Beispiel computergestütze Diagnoseverfahren für Leber- und Brustkrebs entwickelt.

„Besonders Leberoperationen sind eine heikle Sache“, sagt Klose, „denn die Leber wird von fein verästelten Gefäßsystemen durchzogen“. Diese Gefäßsysteme bei der Operation nicht zu verletzen sei die Kunst. Bisher haben die ChirurgInnen nur 40 bis 60 Querschnitte der kranken Leber aus der Computertomographie (CT) und ihre Vorstellungskraft, um zu planen, wie das Skalpell angesetzt werden muß. Die Bilder aus der CT setzen Peitgens MitarbeiterInnen im Computer wieder zu dreidimensionalen Modellen zusammen. Diese Modelle können die ChirurgInnen dann drehen und wenden.

„1996 wird MeVis mit zwei Millionen Mark vom Land Bremen unterstützt“, berichtet Wissenschaftssenatorin Bringfriede Kahrs. Die Landeszuschüsse werden dann analog zu den Einnahmen von MeVis sinken, bis sich Eigeneinnahmen und Landeszuschüsse die Waage halten.

Wann die computergestütze Diagnosehilfe aus Bremen in die Krankenhäuser einzieht ist noch unklar. Bisher wird die Bremer Software erst in der Marburger Uniklinik erprobt. Auch die Kosten für das neue Diagnoseverfahren sind noch nicht abzuschätzen. „Es werden aber dadurch Einsparungen möglich, daß die Diagnose schneller und sicherer wird“, meint Peitgen. keg