Shu Ting, die Dichterin

■ Sie gilt als eine der renommiertesten zeitgenössischen Lyrikerinnen Chinas

In ihrem Gedicht „Nächtliches Lesen“ huldigt sie der „chinesischen Schrift mit dem natürlichsten Charme“. Den behalten ihre circa 150 Gedichte auch in den Übersetzungen in mehrere Sprachen. Sie selbst hält ihr Werk damit allerdings vorläufig für vollendet.

Shu Ting wurde am 30. Mai 1952 in der südostchinesischen Küstenprovinz Fujian geboren. Da ihre Schulausbildung 1966 mit der „Kulturrevolution“ endete, bildete sie sich fortan als Autodidaktin weiter. 1969 kam Shu Ting im Zuge der Landverschickung in die Berggegend von Westfujian. Das Leben auf dem Land mit der schweren körperlichen Arbeit machte ihr zu schaffen. Sie begann gewissenhaft Tagebuch zu führen, schrieb Briefe an Freunde und las so viele Bücher, wie sie bekommen konnte.

1972 kehrte sie in ihre Heimatstadt Xiamen zurück und erhielt Gelegenheitsjobs als Maurerin, Ofenarbeiterin und Statistikerin. Bevor sie 1980 ein festes Monatsgehalt vom Schriftstellerverband der Provinz Fujian erhielt, war sie fünf Jahre in einer Glühbirnenfabrik angestellt. 1979 lernte sie in Peking eine Gruppe von gleichaltrigen, damals noch unbekannten Dichtern kennen, die gerade die nichtstaatliche Zeitschrift Jintian vorbereiteten. Darin veröffentlichte Shu Ting ihre ersten Gedichte.

1981 wurde sie für ihr Gedicht „Vaterland, mein liebes Vaterland“ mit dem Jugendlyrikpreis ausgezeichnet und konnte im darauffolgenden Jahr die Anthologien „Zweimaster“ und „Ausgewählte Lyrik von Shu Ting und Gu Cheng“ veröffentlichen. Nach einer außerordentlich kreativen Phase in der zweiten Hälfte der achtziger Jahre hat sie seit 1990 nur noch fünf Gedichte verfaßt. Als zweite Vorsitzende des Schriftstellerverbandes der Provinz Fujian reist sie vor allem durchs Land und hält in vielen Städten Vorträge über Lyrik und Literatur. Christine Berg