Burda ist fit für die Milchstraße

■ Expandierender Verlag kauft sich beim Konkurrenten „Milchstraße“ („TV Spielfilm“ und „Fit for Fun“) ein

Berlin (taz) – Bis vor kurzem schien klar, wofür der Burda-Konzern die 100 Millionen Mark, die er beim Ausstieg aus dem Fernsehsender RTL verdiente, braucht: für sein geplantes „Europe Online“- Geschäft. Doch seit gestern braucht der expandierende Verlag noch an anderer Stelle mehr als nur Kleingeld. Die Burda-Gruppe erwirbt 50 Prozent der Deutschlandaktivitäten des größten italienischen Verlagskonzerns R. C .S. Rizzoli (dem Besitzer von Corriere de la Seraund Gazzetta dello Sport) und wird dadurch Mitbesitzer der bislang recht eigenständig agierenden Hamburger Verlagsgruppe „Milchstraße“ (TV Spielfilm, Fit for fun, Cinema). Ausgenommen ist die Zeitschrift Max – vermutlich weil an ihr Konkurrent Gruner+ Jahr beteiligt ist. An der „Milchstraße“ besitzt die Rizzoli-Holding 75 Prozent, der Rest gehört Verlagsgründer Dirk Manthey.

Mit dem Kauf erweitert Burda seinen Einfluß auf dem Markt der Programmzeitschriften. Manthey, der als Erfinder neuartiger Zeitschriften wie TV Spielfilm und Fit for Fun in der Branche als besonders innovativ gilt, soll geschäftsführender Gesellschafter von „Milchstraße“ bleiben.

Die „strategische Allianz mit Rizzoli“, sagt Gerd Bolls, Geschäftsführer der Burda-Holding, der den Kauf eingefädelt haben soll, sei „ein weiterer entscheidender Schritt in die Internationalisierung des Burda-Konzerns“. Die Verlagsmitteilung spricht von einer „weltweiten Zusammenarbeit“, deren erste Phase bis zum 1. Januar 1996 verwirklicht sein soll. Dazu gehört neben dem indirekten Einstieg bei „Milchstraße“ die stufenweise Beteiligung (20, später 40 Prozent) an einem neuen Magazin- Verlag von Rizzoli, in den dessen italienische Zeitschriften (Amica, Anna, Oggi, Capital) eingebracht werden sollen. Milchstraße wird Anfang nächsten Jahres eine deutsche Ausgabe von Amica herausbringen. Umgekehrt wird sich der italienische Konzern an den Aktivitäten von Burda in Osteuropa beteiligen. Ausgenommen sind hier allerdings die Modezeitschriften von Aenne Burda. Für Projekte in Fernost will man ein 50:50-Joint-venture bilden.

Während Burda seit dem erfolgreichen Focus-Start auf Expansionskurs ist, braucht sein neuer italienischer Partner einfach Geld, um Verluste aufzufangen, die der Präsident des Mailänder Mischkonzerns „Gemina SpA“, dem 93 Prozent an Rizzoli gehören, im Frühjahr als „Trauma für das Unternehmen“ bezeichnet hat. Zu Jahresbeginn war bei Rizzoli plötzlich ein Defizit von umgerechnet 400 Millionen Mark bei einem Umsatz von 2,5 Milliarden aufgetaucht.

Die Verluste stammen nicht aus dem Corriere de la Sera, der größten Tageszeitung Italiens (die steigerte 1994 ihre Auflage auf 850.000), sondern aus dem Buchgeschäft – obwohl Rizzoli 1993 17,4 Millionen Bücher verkauft hat. Michael Rediske