Kampfansage an die Scientology Church

■ Hamburger Innensenator entwickelt „Maßnahme-Paket“ gegen Psycho-Sekte

Hamburg (taz) – Die Botschaft des Hamburger Innensenators Hartmut Wrocklage (SPD) ist eindeutig: „Hamburg wehrt sich gegen die Scientology-Sekte.“ Mit einem Maßnahmenpaket, das der Senat der Hansestadt am Dienstag verabschiedete, soll jetzt der Spielraum des „Marktführers unter den Sekten“ drastisch eingeschränkt werden. Denn die „Scientology Church“, so befand Wrocklage bei der Präsentation der Senatsoffensive, sei „eine ernsthafte Bedrohung für die Gesellschaft“.

Um die Aktivitäten der 1954 in den USA gegründeten Organisation einzudämmen, soll in Hamburg eine bundesgesetzliche „Regelung des gewerblichen Psycho- Lebenshilfemarktes“ erarbeitet werden. „Psychoheiler“ wie die Scientologen sollten damit zur „Offenlegung ihrer Arbeitsmethoden“ gezwungen und für „psychische Schäden haftbar“ gemacht werden, die ihre umstrittenen „Therapien“ – etwa das sogenannte „Auditing“ – auslösen könnten.

Außerdem plant Hamburg per Bundesratsinitiative den sogenannten „Wucherparagraphen“ des Strafgesetzbuches so zu verändern, daß er einen einklagbaren Schutz vor überhöhten Kursgebühren gewährleistet. Auch wollen die Behörden der Hansestadt prüfen, ob mit Hilfe des Heilpraktikergesetzes Maßnahmen gegen die umstrittene Sekte ergriffen werden können.

Daneben will der Senat gegen die InhaberInnen von Firmen, die „Wise“, dem wirtschaftlichen Zweig der Sekte, angehören, vorgehen. Denn vor allem der lukrative Hamburger Immobilienmarkt ist von Maklern und Spekulanten durchsetzt, die sich zur „Church“ bekennen und mit zum Teil rüden Methoden Mietwohnungen im Eilverfahren in Eigentum umwandeln. Da die Wise-Mitglieder einen Großteil der Firmenerlöse an Scientology transferieren müßten, steht laut Wrocklage ihre „gewerberechtlich notwendige Zuverlässigkeit“ in Frage. Untersucht werden müßte auch, ob die Arbeitsverträge in den Wise-Firmen geltendem Recht entsprächen und Sozialabgaben korrekt abgeführt würden. Am Ende der Prüfungen könnte den Firmeninhabern eventuell „die Ausübung ihres Gewerbes untersagt“ werden. Grundlage dieses Maßnahmenpakets ist ein noch geheimer „Zwischenbericht“, der bei der Hamburger Innenbehörde angesiedelten „Arbeitsgruppe Scientology“, in dem auf 56 Seiten die Praktiken, Strukturen und die von der Sekte ausgehenden Gefahren analysiert werden.

Eindringlich werden darin „Gefährdungen“ einzelner Sektenmitglieder, von „Realitätsverlusten“ bis hin zu „Suizidgefährdungen“ und die wirtschaftliche Unterwanderungsstrategie der auf Weltherrschaft ausgerichteten Organisation dokumentiert. Da es ein Ziel der Scientologen sei, „grundlegende Elemente eines demokratischen Rechtsstaates außer Kraft“ zu setzen, fordert Arbeitsgruppenchefin Ursula Caberta vehement, der Verfassungsschutz solle die „Scientology Church“ beobachten. Hier aber winkt Innensenator Wrocklage (noch) ab: Erst wenn „alle Möglichkeiten der Aufklärung“ ausgeschöpft seien, wolle er über nachrichtendienstliche Beobachtung nachdenken“.

Erste Erfolge dieser Aufklärungsstrategie kann Wrocklage bereits ausmachen. Die Geschäfte der Immobilienumwandler aus dem Dunstkreis der Sekte verlaufen nach Beobachtung der Mietervereine in der Hansestadt immer schleppender, da ihre Namen und Methoden kein Geheimnis mehr sind. Marco Carini/Max Reh