Der „Riese“ ist nervös

■ Greenpeace kämpft mit zu hohen Erwartungen

Wieder ist vor Moruroa ein Greenpeace-Boot von der französischen Marine beschlagnahmt worden, und wieder werden zahlreiche Medien verbreiten, Greenpeace habe die Schlacht verloren. Dabei machen die Umweltaktivisten im Grunde nichts anderes als das, was sie schon seit 1972 gegen Atomtests tun: Sie dringen in die verbotene Zwölfmeilenzone ein, wo sie selbstverständlich festgenommen werden.

Und dennoch ist es diesmal nicht so wie sonst. Was vor Moruroa bei mäßiger Anteilnahme der Weltpresse bislang immer stattfand, und was Greenpeace so ähnlich auch auf Flüssen, Schornsteinen und Ölplattformen unternahm, was die Öffentlichkeit entzückte und die Organisation groß machte – auf einmal wendet es sich gegen die Aktivisten von Greenpeace. Sie scheinen es niemandem mehr recht machen zu können. Dringen sie in guter alter Tradition des zivilen Ungehorsams in verbotene Gewässer ein und riskieren dabei ihre Schiffe, heißt es, ihre Kampagne sei am Scheitern. Was aber wäre, wenn sie außerhalb der Zwölfmeilenzone blieben? Wäre es der Öffentlichkeit denn lieber, wenn Greenpeace mit seinen teuren, aus Spenden finanzierten Schiffen auf dem Meer nur vor sich hindümpeln würde?

Die Öko-Aktivisten sind in der öffentlichen Erwartung zu Rettern der Welt avanciert. Die verhinderte Versenkung der Brent Spar schien der Beweis für ihre schiere Übermacht zu sein. Jetzt ist die Enttäuschung der Gläubigen groß: Wie, Greenpeace hat den ersten Atomtest gar nicht verhindern können? Die Segler wurden von den französischen Schlachtschiffen bezwungen? Dann mußten die Helden der Brent Spar auch noch kleinlaut zugeben, sich mit den Giftmengen auf der Ölplattform schnöde verrechnet zu haben. Greenpeace und sich verrechnen?

Der vermeintliche Riese reagiert darauf nervös. Plötzlich steht Greenpeace nur noch als ein Umweltkonzern da, in dem offenbar ein knallharter Machtkampf stattfindet. Da wird der Kampagnenleiter Ulrich Jürgens an die Luft gesetzt, weil er der Campaignerin Stephanie Mills die Schuld am Verlust der MV Greenpeace gab. Diese zieht sich grollend nach Neuseeland zurück, wo sie ihre Truppen hinter sich scharen will – gegen die übermächtigen Umweltmanager aus Deutschland. In diesem Tohuwabohu taucht Greenpeace- Chef Thilo Bode einfach unter und will erst im November wieder für Journalisten zu sprechen sein. Die Helden von Greenpeace sind also auch bloß ganz normale Menschen, wie traurig. Nicola Liebert