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Tödliche Finanznot

■ Flüchtlings- und Migrantenprojekte werden kaputtgespart. ABM laufen aus, Anschlußfinanzierungen sind nicht in Sicht

„Die Nachricht traf uns schon zum 1. Juli wie ein Hammer. Da teilte uns das Arbeitsamt mit, daß für unser Projekt keine Mittel mehr bewilligt werden können.“ Das Antirassistisch-Interkulturelle Informationszentrum (ARIC) in der Schumannstraße, so Mitarbeiterin Karin Hopfmann, stand urplötzlich vor dem Aus. „Noch wenige Tage zuvor waren uns im Gespräch weitere Gelder zugesichert worden.“

ARIC gelang es zwar, eine viermonatige Verlängerung für zwei der zehn MitarbeiterInnen zu erwirken, doch per 1. November werden unter den derzeitigen Bedingungen weder Bundesmittel zur Arbeitsförderung noch Zuschüsse des Landes Berlin zur Verfügung stehen. „Von den 1.500 Mark Miete, die wir aufbringen müssen, einmal nicht zu reden – unser Datenbankprojekt kann nicht mehr wie bisher weitergeführt werden.“

Für das Datenbankprojekt hatte ARIC das in den Niederlanden entwickelte Programm ARICbase ins Deutsche übersetzt und übernommen. Rund 6.000 Titel und Videos, ein Zeitungsarchiv, Projekt- und thematische Dokumentationen, Adressenverzeichnisse, Bibliografien, kurz: Die gesamte Mediathek der Regionalen Arbeitsstelle für Ausländerfragen (RAA) in Berlin wurde von ARIC in die computergestützte Dokumentation eingearbeitet. Der Nutzerkreis des Angebots ist groß. MigrantInnen-Projekte, LehrerInnen, SozialarbeiterInnen, Ausländerbeauftragte, kirchliche Einrichtungen, selbst Parteien bedienten sich bereits der Bibliothek per Knopfdruck.

El Camino, das multikulturelle Zentrum in der Pettenkoferstraße in Friedrichshain, trifft die Spar- und Kürzungswelle ebenfalls. Die nach dem 14. Juli bereits von zwölf auf sechs reduzierten Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (ABM) laufen jetzt aus. Anschlußfinanzierungen sind nicht in Sicht. Selbst „Bittbriefe“ der Ausländerbeauftragten des Bezirks konnten, so Marianne Lebin, Leiterin des Projekts, das Arbeitsamt nicht erweichen. Ähnliche Meldungen sind vom Verein „Kultur ist Plural“ und vom „Babel e.V.“ zu vernehmen.

Margret Pellkofer-Stamm, Referentin beim Paritätischen Wohlfahrtsverband, befürchtet, daß wenn bis Ende dieses Jahres keine neuen Überlegungen zur künftigen Finanzierung von Projekten angestellt werden, Strukturen kaputtgehen, die im Ostteil der Stadt nach der Wende mit Hilfe von ABM oder über das Arbeitsförderungsgesetz mühevoll aufgebaut wurden. „Im Landeshaushalt sind Mittel dafür einfach nicht vorgesehen.“ Doch nicht nur im Ostteil der Stadt grassiert der Leistungsabbau in Sachen Flüchtlingshilfe. Wegen einer Stellenstreichung im Kreuzberger Nachbarschaftszentrum der Passionsgemeinde mußte die anerkannte Beratungsstelle für Flüchtlinge und ImmigrantInnen schließen.

Lediglich gestandene Sozialverbände, so Margret Pellkofer- Stamm, deren Verträge noch darauf beruhen, Stellen je nach der Anzahl der zu betreuenden Personen bewilligt zu bekommen, würden ihre Arbeit derzeit fortsetzen können. „Neue Projekte, die sich auf die veränderten Zuwanderungsströme eingestellt haben, Projekte, die nicht nur beraten, sondern in speziellen Treffs auch betreuen, haben es da wesentlich schwerer.“ Vor allem fehle ihnen die Kraft für die notwendige Lobbyarbeit.

„Dramatisch, aber nicht hoffnungslos“, beschreibt der Mitarbeiter der Ausländerbeauftragten Hartmut Caemmerer die Situation der gut 30 Träger in den Ostbezirken. Was die ABM betrifft, existiere zwar keine Übersicht: „Dies ist Sache der Arbeitsämter.“ Doch immerhin 80 Stellen auf der Basis von Lohnkostenzuschüssen (LKZ) wurden von der Ausländerbeauftragten „entsprechend bestimmter Prioritäten“ mitbeschieden. Rein quantitativ verfügt der Ostteil damit über mehr LKZ-Stellen als die Westbezirke der Stadt. „Initiativen, deren ABM auslaufen, kann man nur raten, sich um die Anschlußfinanzierung durch LKZ zu bewerben.“ Gelegentlich seien LKZ-Stellen neu zu vergeben, so Caemmerer.

Flüchtlings- und Migrantenarbeit wird auch künftig nicht allein ehrenamtlich zu leisten sein, so Karin Hopfmann. Obwohl beim Senat die Erkenntnis für gewisse Erfordernisse vorhanden sind, würden aus der finanziellen Not heraus bei der Vergabe der Mittel Schlüsse gezogen, die sich nicht nachvollziehen lassen. Mit Blick auf die bevorstehenden Wahlen fordert die ARIC-Sprecherin: „Die Vergabe der Mittel muß offengelegt werden.“ Kathi Seefeld

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