Cannabis kulinarisch

Ein Kochbuch und ein Restaurant werden vorgestellt  ■ Von Remco in't Hof

Nicht nur in Privatküchen heimlicher Kiffer wird Hanf inzwischen liebevoll in den Speiseplan eingebaut. In Amsterdam gibt es längst mehrere Hanfbäcker, die Hanf mit oder ohne den Rauschwirkstoff THC verwenden. Im Odenwald backt ein Bäcker Brot aus Hanf und Dinkel. In Berlin gab es auch schon ein Hanfrestaurant, das aber vor kurzem seine Türen geschlossen hat, um demnächst in vergrößerter Form neu zu eröffnen. Im nächsten Monat erscheint schließlich das erste psychoaktive und biologisch gesunde Hanfkochbuch: „Die Hanfküche“ von Ronald Rippchen.

„Eine Marktlücke“, nennt Yussuf Tas – Berliner Pionier in Sachen kulinarischen Hanfgenusses – den Bedarf an Baguettes, Brötchen und Pizzaböden aus Hanfmehl. Vor drei Jahren fing der Restaurantbesitzer in seiner Dönerbude an, THC-freie Hanfleckereien zu verkaufen. „Die Idee, Hanfprodukte anzubieten, war eigentlich Zufall“, erinnert sich Tas. „Meine Oma backte früher Produkte aus Hanfmehl. Die Gerichte sind richtige Renner geworden: Der Umsatz war seit der Aufnahme von Hanfspeisen um gut 50 Prozent gestiegen.“ Auf einer Bio- Fachmesse Anfang dieses Jahres seien seine Produkte der absolute Renner gewesen. Sein Neuköllner Lokal hat Tas gerade verkauft. Mit dem Umsatz war er zwar zufrieden, jedoch nicht mit der Lage des Restaurants. Nächstes Jahr will Tas in Mitte das erste richtige Hanfrestaurant Deutschlands eröffnen. Dort sollen dann warme Hanfspeisen, Teigwaren und verschiedene Salate mit Hanföl-Dressing serviert werden.

Während Tas noch Pläne schmiedet, ist der Odenwalder Bäcker Ollie in seiner Hanferei dabei, selbstgeknetete Vollkorn- Hanfbrötchen und Hanfbrot in den Ofen zu schieben. Bei ihm gibt es neben rauschfreien – also legalen – Hanfspeisen auch Infos zu seinen Produkten. Inzwischen beliefert Ollie 20 Naturkostläden der Region mit seinen Backwaren.

Hanfsamen bestehen zu etwa 21 Prozent aus Proteinen, die für eine stabile Gesundheit notwendig sind. Eiweiß und der hohe Anteil an dreifach ungesättigten Fettsäuren machen Hanfsamen zu einem der wertvollsten Nahrungsmittel. Dabei ist es nicht gar nicht so einfach, Hanfsamen aus dem kostbaren Hanfmehl zu gewinnen. Denn normale Getreidemühlen verstopfen durch die Samen. Der Odenwalder Konditor benutzt daher eine Mohnpresse: „Damit der Organismus die wertvollen Inhaltsstoffe bestmöglich aufnehmen kann, empfiehlt es sich, die Samen zu mahlen. Hanfsamen passen sehr gut zu Vollkornbackwaren. Durch Rösten der Samen vor dem Backen wird der Geschmack etwas kräftiger“, erläutert Ollie.

Soweit die gesunde Bio-Hanf- Küche, die in der heutigen Öko- Ära einen festen Platz erobern wird. Schon seit Jahrhunderten werden aber vor allem die THC- haltigen Hanfsorten gegessen – anfangs wegen ihrer heilenden Wirkung, später wegen des Rausches.

Der französische Schriftsteller Charles Baudelaire war Mitglied des berühmten Club des Hashishins, in dem sich Pariser Intellektuelle wie Victor Hugo, Honoré de Balzac und Alexandre Dumas trafen. Die privilegierten Besucher naschten östliche Leckereien wie Zimt, Zucker, Muskatnuß, Mandeln und... Haschisch. Die Clubmitglieder waren der Meinung: „Haschisch hat nichts von der verächtlichen schweren Betrunkenheit, die die nordischen Völker durch Wein und Alkohol erhalten: Es gibt eine intellektuelle Intoxikation.“ Baudelaire beschrieb in seinen Haschisch-Schriften, wie sich das Essen von Haschisch auswirkt: „Schauen wir uns die Droge doch einmal an: Stark riechend – so

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stark selbst, daß es beinah Ekel und Brechreiz hervorruft. Das ist ein Glück mit all seinem Rausch und seiner kindlichen Entzückung! Sie können es ohne Angst essen, sterben werden Sie davon nicht. Ihre Körperorgane werden in keiner Weise angetastet. Was riskieren Sie also? Morgens eine leicht nervöse Müdigkeit. Riskieren sie nicht täglich viel mehr für viel weniger? Gut, die Entscheidung ist also gefallen. Sie haben einen bemerkenswerten Vorteil gegenüber anderen Reisenden – Sie wissen nicht, wo Sie hingehen. Es lebe das Schicksal!“

Der Testesser Baudelaire wird auch in Ronald Rippchens neuestem Werk angeführt: „Baudelaire und seine Freunde haben sich mit fünf Gramm pro ,Mahlzeit‘ sehr überdosiert“, meint der Autor.

Er erwähnt in seinem Buch nicht nur die nahrhafte, gesunde Hanfküche, bei der Hanfmehl aus dem Samen gewonnen wird und knusprige geröstete Samen als Geschmacksverstärker dienen. Den prominentesten Platz in seinem Kochbuch hat die psychoaktive Hanfküche. Der Autor warnt vor Überdosierung, gibt Polizei-Tips & Trips, erklärt, wie die THC-Aufnahme und -Verdauung funktioniert. Im Teil über die traditionelle Hanfküche stehen arabische, indische und kambodschanische Rezepte im Mittelpunkt. Rippchen greift auch auf Erfahrungen zweier 70jähriger psychedelischer Omas aus Amerika zurück: Die beiden schätzen Hanf schon seit Jahrzehnten als kulinarische Spezialität – und nicht zuletzt auch als Rauschstoff. Der 47jährige Rippchen, der in den siebziger Jahren ein überzeugter LSD- und Haschischdealer war, hat die alten Damen besucht: „Sie haben mir ein Stück Kuchen angeboten und gesagt: ,Vorsicht, manchen bekommt es nicht.‘ Ich habe ein Stück gegessen, die Oma hat drei Stücke genascht: Wir sind bis Mitternacht durch Kalifornien geflogen.“

Der niederländische Autor hat ein Hanfbuch geschrieben, das bald in deutscher Übersetzung erscheint.

Die Hanfküche von Ronald Rippchen, herausgegeben von Werner Pieper's MedienXperimenten, 15 Mark, erscheint im Oktober.

Die Hanferei, Braunstraße 22, 64720 Michelstadt (06061-13345)