■ Editorial
: Hanf-Spezial II

Ein halbes Jahr nach Erscheinen der ersten taz-Beilage zum Thema Hanf geht es in die nächste Runde. In den letzten Monaten hat sich wieder einiges in Sachen Cannabis getan: Die Anbaugenehmigung für THC-armen Hanf (ohne Dröhnung) ist in greifbare Nähe gerückt. Schon 1996 könnten die ersten legalen Cannabisfelder in Deutschland blühen. Dann hätten auch hiesige Bauern Anspruch auf die EU-Subventionen. Doch mit Anpflanzen allein ist es noch nicht getan: Fachleute sind sich einig, daß es nun auf den Aufbau einer Hanf-Industrie ankommt. Die TreuHanf Gesellschaft plant, in Brandenburg Produktionsstätten zu errichten. Im märkischen Bergerdamm gibt es einen Ortsteil namens „Hanffabrik“, der seiner Bezeichnung bald wieder alle Ehre machen könnte. Baustoffe, Papier, Kosmetika, Kleidung ...: Die Liste der Produkte, die aus Hanf hergestellt werden können, ist lang. Als nachwachsender Rohstoff ist die Pflanze kaum umstritten. Ihre medizinische Heilkraft wird hingegen von der Mehrheit der Schulmediziner bislang mißachtet. Nicht zuletzt, weil hier die THC-reichen Sorten angewandt werden. Das jahrtausendealte Heilkraut wurde verdrängt und wird noch bis heute von vielen verteufelt. Doch die Stimmen derer, die sich von Cannabis Linderung oder gar Heilung erhoffen, werden lauter. Viele Neurodermitiker, Aids-Kranke und Krebspatienten wollen weder auf Hanf verzichten noch kriminalisiert werden. Unterdessen stellt sich für die Hanf-Aktivisten die Frage, ob die Drogendebatte nun mit dem Wirtschaftsfaktor Cannabis in einen Topf geworfen werden soll – oder eben gerade nicht. Die einen warnen davor, daß die Etablierung des Rohstoffes durch das schmuddelige Kifferimage gebremst wird. Andere sehen nun die Chance, im Schatten des Rohstoffes mehr Akzeptanz für Haschisch zu erlangen.Haschisch und Marihuana haben in der Öffentlichkeit an Schrecken verloren. „Legalize it“ macht hierzulande Fortschritte. In den Niederlanden, wo die Drogenpolitik traditionell immer einige Schritte weiter war, ist hingegen eine Wende eingetreten: Eine verschärfte Drogenpolitik soll das angekratzte Image des Wirtschaftsstandortes Holland aufpolieren.Lars Klaaßen