■ Nachgefragt: „Für ein VW-Modell“
taz: Der Senat will die Personalkosten senken, indem im Öffentlichen Dienst weniger gearbeitet und verdient wird. Lassen Sie darüber mit sich reden?
Gerhard Tilsner (Vorsitzender des Gesamtpersonalrats): Der Gesamtpersonalrat ist selbstverständlich für eine Arbeitszeitverkürzung, denn das ist ein geeignetes Mittel, Arbeitsplätze zu schaffen. Hier ist das Problem allerdings, daß die Arbeitszeitverkürzung ohne Lohnausgleich stattfinden soll. Und Lohnverlust ist mit uns nicht verhandelbar.
Worüber wird denn dann verhandelt?
Arbeitszeitverkürzung mit teilweisem Lohnausgleich bei gleichzeitiger Sicherung und Neuschaffung von Arbeitsplätzen ist für uns durchaus verhandelbar.
Ein VW-Modell?
Ja, zum Beispiel. Das kann man mit uns durchaus bereden.
Verhandelt wird also doch über Arbeitszeitverkürzung bei Lohnverzicht?
Ja. Aber bei dem ersten Treffen haben wir uns erstmal nur informiert, welche Vorstellungen der Senat überhaupt hat. Und darüber denken wir jetzt in unseren Gremien nach.
Nach Vorstellung der Senats soll die Arbeitszeit von 38,5 auf 35 Stunden, also um 9,1 Prozent reduziert werden. Um wieviel Prozent dürfte Ihrer Meinung nach Lohn und Gehalt gleichzeitig sinken?
Das kann ich noch nicht sagen.
Wäre denn ein Modell denkbar: Die Hälfte der Einsparungen für Neueinstellungen, die andere Hälfte wird gespart?
Man muß umgekehrt genau gucken, wo überall Neueinstellungen notwendig sind. Zum Beispiel überall da, wo wir Schichtdienste haben – bei der Polizei, in den Krankenhäusern, bei der Feuerwehr – muß man sicherlich die Arbeitszeitverkürzung durch neues Personal voll ausgleichen.
Und darüber hinaus fordern wir Neueinstellungen zur Gewinnung von Nachwuchs, zum Beispiel in den Schulen.
Um wieviele Stellen geht es dabei?
Wir haben zur Zeit 28.000 Stellen mit 40.000 Mitarbeitern. Davon sind mindestens die Hälfte mit Pflichtaufgaben beschäftigt, bei denen eine Arbeitszeitverkürzung voll ersetzt werden muß.
Ist Arbeitszeitverkürzung ohne Lohnausgleich bei Beamten überhaupt zulässig?
Da ist die Situation besonders schwierig, weil der Bund für die Festlegung der Beamtengehälter zuständig ist. Bremen müßte also eine Erlaubnis von Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat für eine Sonderregelung haben.
Wie lange würde so etwas dauern?
Wenn es ganz schnell geht, ein halbes Jahr.
Und die Rechtslage bei Angestellten und Arbeitern?
Auch da bräuchte Bremen die Zustimmung der Arbeitgeberverbände – der Tarifgemeinschaft deutscher Länder für die Angestellten und der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände für die Arbeiter.
Und das würde nach einem Einvernehmen in Bremen wie lange dauern?
Weniger Zeit als bei den Beamten.
Aber vorher müssen in Bremen Gesamtpersonalrat, ÖTV und GEW zustimmen?
Ja, da muß mit den Gewerkschaften ein eigener Bremer Tarifvertrag abgeschlossen werden.
Bis wann könnte es auf Bremer Ebene eine Einigung über ein Sparmodell geben?
Das kann ich nicht einschätzen, aber dieses Jahr auf keinen Fall. Im nächsten Jahr gäbe es dafür eine Perspektive.
Wann ist der nächste Gesprächstermin?
Wir haben noch keinen vereinbart.
Fragen: Dirk Asendorpf
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen