■ Kultur
: Das Mittelmeer

In Deutschland schätzt man das Mittelmeer als Urlaubsregion durchaus. Ansonsten setzt man sich kaum mit der vielbeschworenen „Wiege europäischer Kultur“ auseinander: Weiße Flecken bestimmen unser Verhältnis zum „weißen Meer“ (so der arabische Name für Mittelmeer). Eine Veranstaltungsreihe des Berliner „Haus der Kulturen der Welt“ mit Unterstützung der deutschen Klassenlotterie will nun diese weiße Flecken ausfüllen.

Fast sechs Monate lang, von Oktober 1995 bis März 1996, werden die „Ufer von tausendundeiner Kultur“ unter den vielfältigsten Gesichtspunkten beleuchtet: Modernes Tanztheater, jenseits von Sirtaki und Flamenco, dargestellt von vier Compagnien aus Spanien, Portugal, Tunis und Zagreb; Konzerte von geistlicher Vokalmusik der Kopten bis zu Radio Tarifa; Inszenierungen zeitgenössischen arabischen Theaters und ein begleitendes Filmprogramm rund ums Mittelmeer.

Im Zentrum der Veranstaltungsreihe steht die Ausstellung „Schätze der Alhambra“, die im Berliner Kulturforum gezeigt wird. Dort werden die ungefähr 180 Exponate maurischer Kunst in ein Szenario eingebettet, das der Alhambra nachempfunden ist. Drei weitere Ausstellungen finden im Foyer des Hauses der Kulturen der Welt statt: Die rote Burg – zehn Künstler sehen die Alhambra; Hotel Mittelmeer – eine Fotodokumentation zu maghrebinischer Hotelarchitektur; und eine Fotoausstellung von Daniel Blaufuks mit Bildern zur Sarajevo und Mostar.

Bei aller Betonung kulturellen Zusammenlebens und kultureller Vielfalt an den Ufern des Mittelmeers bleibt auch der „Krieg der Kulturen“ nicht außen vor. Dafür steht das historische AlAndalus genauso wie heute Bosnien. Beide sind islamische Regionen im christlichen Europa, beide verkörpern eine multikulturelle Gesellschaft und deren Zerstörung. Drei Symposien beschäftigen sich mit dem Wechselspiel der Kulturen: Der Koran und die Moderne – islamische Reformdenker und der Kulturaustausch; Genese und Perspektive der Mittelmeerkultur; und Krieg der Kulturen als Zukunftsperspektive?

An fünf Wochenenden finden außerdem Lesungen von DichterInnen und SchriftstellerInnen des Mittelmeerraums statt. Die algerische Schriftstellerin Assia Djebar beispielsweise entführt nach Algier, der spanische Autor Munos Molina beschreibt die Veränderung des spanischen Südens.

Alles in allem ein Programm, das eine Reise nach Berlin wert ist. Im Paket enthalten: ein Ausflug ans Mittelmeer jenseits von klassischem Bildungsgut und Club Mediterranée. ed

Information und Programmheft: Haus der Kulturen der Welt, John-Forster-Dulles- Allee 10, 10557 Berlin,

Tel.: 030/39787-0,

Fax.: 030/3948679