Generalbundesanwalt läßt taz durchsuchen

■ Polizei auf der Suche nach Bekennerschreiben. Auch Junge Welt durchkämmt

Berlin (taz) – Die Redaktionsräume der Berliner Tageszeitungen taz und Junge Welt sind gestern vormittag im Auftrag des Generalbundesanwalts von der Polizei durchsucht worden. PolizeibeamtInnen durchsuchten gleichzeitig auch die Privatwohnungen zweier taz-RedakteurInnen. Grund für die Maßnahmen war die Suche nach einem sechsseitigen Schreiben der Gruppe „Das K.O.M.I.T.E.E.“, die sich zu dem gescheiterten Sprengstoffanschlag auf den Abschiebeknast in Berlin-Grünau am 11. April 1995 bekannt hatte. Über das Schreiben, in dem die Gruppe ihre Auflösung bekanntgab, wurde am 16. September in der taz berichtet. Später wurde es dokumentiert.

Die Durchsuchung der taz-Redaktionsräume durch ein Dutzend BeamtInnen und den Staatsanwalt Detlev Mehlis von der Generalbundesanwaltschaft dauerte fast zwei Stunden. Dabei kam es zu Handgreiflichkeiten zwischen Polizei und dem taz-Geschäftsführer, weil die Redaktion das Schreiben nicht herausgeben wollte und die Beamten fotografiert wurden.

Bei der Jungen Welt, die das Schreiben ebenfalls dokumentiert hatte, war die Durchsuchung bereits nach einer halben Stunde beendet. Auch dort kam es zu Rangeleien. Laut dem Chefredakteur der Jungen Welt gingen die BeamtInnen nach einem genauen Lageplan der Redaktionsräume vor. Sowohl bei der taz als auch bei der Jungen Welt wurden Kopien des Schreibens beschlagnahmt. taz-Anwalt Christian Ströbele kündigte an, daß gegen die Beschlagnahme Beschwerde eingelegt werde. Begründet wurde die Durchsuchung folgendermaßen: „Wie frühere Ermittlungsverfahren zeigen, sind Redakteure und Journalisten der ,taz‘ nicht bereit, Beweismittel freiwillig herauszugeben.“ Stimmt.

In dem gesuchten Schreiben räumt die Gruppe „K.O.M.I.T.E.E.“ Fehler ein, durch die „Unbeteiligte mit unseren Aktionen in Zusammenhang gebracht wurden“. Außerdem seien Unbeteiligte auch durch die frühzeitig entdeckten Sprengsätze gefährdet worden. Deshalb löse man die Gruppe als „persönliche Konsequenz aus dem Debakel“ auf, was aber „keinen Abgesang auf militante Aktionsformen“ bedeute. Das Schreiben wird von den Staatsanwälten als „Täuschungsmanöver“ bewertet. bam/kotte