■ Polizeiliche Suchaktion bei der taz
: Nicht ganz so komisch

Die Mitarbeiter der taz sollten sich eigentlich beim Generalbundesanwalt in Karlsruhe bedanken. Das werden nicht wenige der LeserInnen am Wochenende gedacht haben, als sie von der Durchsuchung der Redaktionsräume erfahren haben. Wunderbar, wie die Bundesanwaltschaft unserer armen, kleinen Zeitung zu Schlagzeilen und damit zu kostenloser Werbung verhilft. Und was sind die obersten Ankläger der Republik doch dämlich: Am Ende ihrer Aktion halten sie nur eine Kopie des Schreibens in Händen, dessen Orginal sie gesucht haben und dessen Inhalt noch dazu schon Tage zuvor im Blatt veröffentlicht worden war.

Dem mildem Spott über das hilflose Herumschnüffeln der Bundesanwaltschaft kann sich auch die taz- Redaktion nicht ganz entziehen. Nur ist er leider vollkommen unangebracht. Die Karlsruher Behörde arbeitet beharrlich daran, das Zeugnisverweigerungsrecht der Journalisten zu untergraben und das Redaktionsgeheimnis zu durchlöchern. Bislang war es bei der Androhung einer Durchsuchungs- und Beschlagnahmeaktion geblieben, wenn die taz die Herausgabe eines ihr zugesandten Orginalschreibens militanter Gruppen verweigerte. Die neue Karlsruher Gangart zeigt sich in folgendem Satz der Durchschungsbegründung: „Wie frühere Ermittlungsverfahren zeigen, sind Redakteure und Journalisten der taz nicht bereit, Beweismittel freiwillig herauszugeben.“ Aber kann und muß eine Zeitung, ein Fernseh- oder Rundfunksender wirklich „Beweismittel“ herausgeben? Und darf sie sich zum verlängerten Arm der Strafverfolgungsbehörden machen lassen?

Öffentlichkeit und die mit ihr einhergehende Kontrolle der Exekutive lebt und stirbt mit dem freien Zugang zu Informationen. Dieser freie Zugang schließt ausdrücklich den Schutz der Herkunft solcher Informationen ein. Eine Redaktion, die Bekennerschreiben den Strafverfolgern zur kriminaltechnischen Auswertung überläßt, darf sich nicht wundern, wenn solche anschließend ausbleiben. Aufgabe der Medien ist die öffentliche und inhaltliche Auseinandersetzung mit den anonymen Autoren, nicht deren Strafverfolgung. Die taz wird dies weiterhin so halten — unfreiwillige Werbefeldzüge der Karlsruher Behörde sind willkommen, werden aber daran nichts ändern. Wolfgang Gast