Bündnisgrüne setzten außenpolitisch auf die OSZE

■ Außenpolitiker Volmer auch für begrenzte Gewalt zur Embargodurchsetzung

Bonn (taz) —Nur auf geringen Widerstand einer bündnisgrünen Parteiöffentlichkeit ist das Plädoyer Ludger Volmers für eine deutsche Beteiligung an bewaffneten internationalen Einheiten gestoßen.

Auf dem Strategiekongreß der Grünen in Bonn/Bad Godesberg forderte Volmer gestern, Wirtschaftssanktionen gegen Staaten auch mit Zwangsmitteln und begrenzter Gewalt durchzusetzen. Den Unmut der Kongreßmehrheit zog Joschka Fischer auf sich, der im Hinblick auf eine mögliche Regierungsbeteiligung der Bündnisgrünen realisierbare außenpolitische Ziele einforderte.

Die Vorschläge Volmers brechen mit bisherigen Beschlüssen der Partei, die eine Beteiligung deutscher Soldaten auch an Blauhelmeinsätzen ausschließen. Nach den Vorstellungen des Außenpolitikers vom linken Parteiflügel sollen in den Einheiten, die der OSZE unterstellt sind, statt regulärer Soldaten eigens ausgebildete Konfliktschlichter Dienst tun. „Nicht jede Gewalt ist militärische Gewalt“, sagte Volmer.

Das Konzept des Bundestagsabgeordneten gilt als mehrheitsfähiger Kompromiß in der grünen Grundsatzdebatte um Gewaltfreiheit in der Außenpolitik. Volmer spricht sich darin für den Ausbau der OSZE als europäische Sicherheitsstruktur und für ein allmähliches Zurückdrängen der Nato aus. Ultima ratio der Friedenserzwingung sollen Wirtschaftsembargos sein.

Fischer warf den innerparteilichen GegnerInnen indirekt vor, eine politisch und moralisch bedenkliche „Strategie des kalkulierten Umfallens“ zu verfolgen und auf Positionen zu verharren, die mit einer Regierungsbeteiligung unvereinbar seien. Falls die Partei die fundamentale Absage an militärische Gewalt ernst meine und für eine Abschaffung der Bundeswehr und den Austritt aus der Nato Planungen vorlege, werde sie für eine Regierungsbeteiligung im Bund weder einen Partner noch eine Mehrheit finden. „Alle wissen es, aber keiner und keine sagt es“, meinte Fischer.

Den Verzicht auf bisherige Positionen forderte Fischer von seiner Partei auch in der Aufgabenbeschreibung für die Vereinten Nationen (UN): Nach Meinung des Fraktionssprechers haben die Vereinten Nationen eine „Interventionspflicht“, sofern die Gefahr des Völkermordes besteht.

Den Beifall Volmers fand Fischer mit seiner Anregung, einen europäischen Sicherheitsvertrag unter Einschluß der Nato-Staaten und Rußlands abzuschließen. Der Vertrag soll nach dem Willen Joschkas Fischers europäische Friedensprinzipien definieren, eine „neue massive atomare und konventionelle Abrüstungsrunde“ einleiten und eine gemeinsame Sicherheitsorganisation schaffen. Hans Monath