Schieß, Schwester!

■ Frauen auf Identitätssuche: Zwei Highlights des Lesben Film Festivals

Alex und Vicki sind beste Freundinnen. Nachts, draußen, lassen sie Lagerhäuser und Abrißhäuser hochgehen. Feuerlegen ist ihre Vorliebe. Berauscht von der eigenen Tat, stehen sie in einiger Entfernung und sehen der Zerstörung zu, als wär's ein neuentdecktes Sternbild. Zwei Voyeusen, die sonst wenig Prickelndes zu tun haben. Alex (Elena Mandalis) schwärmt für ihre Lehrerin, schreibt Gedichte und spielt Billard. Vicky (Dora Kaskanis) schwärmt für niemanden, provoziert mit obszönen Grobheiten und vögelt wen immer.

Der mehrfach ausgezeichnete Film der Australierin Ana Kokkinos ist eines der Highlights des Lesben Film Festivals im Eiszeit- Kino. Zentral in „Only the Brave“ ist die tiefe Freundschaft der zwei australisch-griechischen Mädchen, die weder explizit sexuell ist noch viele Worte macht. Einmal legt Vicki ihren Kopf auf Alex' Schoß, ein andermal sieht Alex, wie die Freundin sich von einem Liebhaber demütigen läßt. Es ist immer „wrong time, wrong place“. Überall stehen ihnen Zäune im Weg in den heruntergekommenen Außenbezirken Melbournes, dem Schauplatz des als realistisches Drama inszenierten Films. Only the Brave, nur die Besten schaffen es, da rauszukommen. Aber gerade die geben manchmal auf.

Mit „Memsahib Rita“ von der englisch-indischen Regisseurin Pratibha Parmar läuft ein weiterer Beitrag zur Identitätssuche junger Frauen. Es ist der erste Spielfilm von Parmar, die bisher vor allem mit Dokumentarfilmen wie „Khush“ über Lesben und Schwule in Indien und „Warrior Marks“ zur Problematik der Klitorisbeschneidung bekannt wurde.

In „Memsahib Rita“ versucht die Londonerin Shanti, den Selbstmord ihrer Mutter, die eine zweite Rita Hayworth gewesen sein soll, zu verwinden. In sentimentalen Schwarzweiß-Rückblenden steigt sie als ambivalentes Traumbild der Tochter Treppen hinab. Mit einigem Witz werden hier Klischees zerlegt: Als am Schluß selbst indische Schaufensterpuppen auf Rassisten schießen, lächelt Shanti. Gut gezielt, Schwester. Gudrun Holz

Lesben Film Festival, bis Sonntag, Eiszeit-Kino, Zeughofstraße 20, Kreuzberg. „Only the Brave“ läuft morgen, 20 Uhr, „Memsahib Rita“ am Sonntag, ebenfalls 20 Uhr