: Eigenes Taschengeld
■ Bezirke werden erst 1998 erwachsen
Die 23 Bezirke sollen mehr bestimmen können als bisher und deshalb auch mehr Einfluß auf ihre eigenen Finanzen haben als bislang. Die sogenannte Verwaltungsreform sieht vor, daß die Bezirksämter Gewinne behalten dürfen, dafür Verluste aber selbst ausgleichen müssen. Bisher erhält der Finanzsenator die Gewinne und muß dafür wiederum auch die kommunalen Verluste übernehmen.
Das herkömmlichen Prinzip hat den Nachteil, daß es keinen Anreiz zum Sparen liefert. Dabei geben die Bezirke mit rund 14 Milliarden Mark immerhin etwa ein Drittel des gesamten Landeshaushalts aus.
Als erster Schritt auf dem Weg zum eigenen „Taschengeld“ hat das Abgeordnetenhaus einen geringen Teil seiner Finanzhoheit an die Bezirke abgegeben und zu Januar dieses Jahres sogenannte Globalsummen eingeführt: Die Bezirksverordnetenversammlungen dürfen teilweise selbst bestimmen, wofür sie wieviel Geld ausgeben und im Haushalt im laufenden Jahr Veränderungen vornehmen.
Allerdings dürfen sie von den insgesamt rund 14 Milliarden Mark nicht mehr als acht Milliarden Mark für Personal ausgeben. So will der Senat erreichen, daß auch die Bezirke „schlanker“ werden – zwischen 1991 und 1996 werden im öffentlichen Dienst 25.000 Stellen gestrichen.
Damit die Bezirksbürgermeister und ihre Stadträte sinnvoll haushalten können, wird zur Zeit eine Kostenkontrolle eingeführt. Bislang konnte nämlich niemand sagen, was etwa das Ausstellen eines Wohnberechtigungscheins, die Bearbeitung eines Rentenantrags oder die Beantwortung eines Widerspruchs kostet. In einem Produktkatalog wird festgehalten, wie teuer eine einzelne Dienstleistung für den Bürger ist. Als Maßstab werden jeweils die Durchschnittskosten der Bezirke genommen.
1998 endlich will das Abgeordnetenhaus den Bezirken dann erstmals Geld im Verhältnis zu ihren Kosten – und nicht mehr zu ihren tatsächlichen Ausgaben – zuweisen. Wer Dienstleistungen überdurchschnittlich teuer „produziert“, weil Arbeitsabläufe ineffektiv sind oder unnötig viel Personal eingesetzt wird, wird dann im Gegensatz zu heute entsprechend Verlust einfahren und muß dieses Defizit selbst ausgleichen. Ein Bezirk wiederum, der besonders effektiv arbeitet, wird Gewinn erwirtschaften und kann diesen sparen oder davon Computer kaufen, Stellen einrichten, eine Schule sanieren, oder, oder, oder... Bis dahin müssen noch viele Detailfragen geklärt werden. Dirk Wildt
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